Aufatmen nach der Börsenkorrektur: War das alles?

Europas Börsen setzten am Mittwoch zu einer zaghaften Erholung an. Die US–Börsen hielten sich stabil. Experten glauben dennoch, dass es heuer noch volatiler wird. Einen wirklichen Crash fürchtet – vorerst – keiner.

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Börse Frankfurt – (c) APA/AFP/DANIEL ROLAND

Wien. Das Schlimmste scheint vorerst vorbei zu sein. Nachdem der Dow Jones am Montag die Marktteilnehmer mit dem höchsten Punkteverlust seiner Geschichte erschreckt hatte und tags darauf auch Europas Börsen scharf korrigiert hatten, sah am Mittwoch alles nach Entspannung aus. Die europäischen Indizes lagen am Nachmittag überwiegend im Plus.

In Wien konnte die Raiffeisen-Aktie nach vorläufigen Quartalszahlen deutlich zulegen, doch auch andere Schwergewichte wie OMV, Telekom Austria oder Lenzing zogen den Index nach oben. Die US-Börsen, die bereits am Dienstag zu einer starken Erholung angesetzt hatten, starteten leicht im Minus. Die dortigen Aktienkurse preisten die Risiken einer steigenden Inflation und Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed noch nicht angemessen ein, warnt Analyst James Hughes vom Broker Axitrader. „Es wäre naiv, nun schon eine Rückkehr des Bullenmarkt-Modus zu erwarten.“

Die meisten Experten führen den jüngsten Kurssturz auf die Angst vor stärker als erwartet steigenden Zinsen in den USA zurück. Zuvor war nämlich der US-Arbeitsmarktbericht extrem positiv ausgefallen. Und nicht nur die Stundenlöhne, auch die Medianlöhne steigen deutlich, stellte Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek fest.

Das klingt eigentlich gut, könnte aber die Inflation befeuern, was die Fed zwingen könnte, die Zinsen stärker und schneller zu erhöhen als geplant. Und das könnte die Konjunktur bremsen.

Davon abgesehen glauben viele, dass die Korrektur nach den steilen Anstiegen schlicht überfällig war: „Die Aktienindizes hatten unsere Ziele für das Gesamtjahr schon vor Ende Jänner erreicht. Insofern war eine Korrektur überfällig, und die haben wir jetzt gesehen“, schreibt Colin Moore, Globaler Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle. „Es ist gesund für den Markt, wenn ein wenig Überschwang aus dem Markt verschwindet.“

 

Ungewöhnlich lange Ruhe

Die Deutsche Asset Management verweist darauf, dass der MSCI World All Country Index am Dienstag nach der Korrektur noch immer ein Plus seit Jahresbeginn aufwies. „Zwar haben einige Indizes den größten Tagesverlust ihrer Geschichte erlitten. Doch das nur in Indexpunkten, und zwar vor allem aufgrund ihrer starken Entwicklung über die letzten Jahre.“ In Prozentpunkten gerechnet seien Korrekturen von 4,1 Prozent, wie sie etwa der S&P 500 am Montag verzeichnete, in der Historie alles andere als ungewöhnlich. Ungewöhnlich sei vielmehr, dass es eine solche Korrektur 400 Tage in Folge nicht gegeben hatte.

Der aktivistische Investor Carl Icahn glaubt indes, dass die jüngste Korrektur nur ein Grollen vor einem schweren Beben gewesen sei. Das richtige Beben sei noch ausständig, könnte aber Jahre auf sich warten lassen. Eine Gefahr sieht Icahn im wachsenden Volumen passiver Investments: Dabei trifft niemand aktive Entscheidungen für bestimmte Aktien, sondern es wird nur ein Index nachgebildet. Das führe dazu, dass querbeet Aktien gekauft würden, ohne dass sich jemand über deren Qualität Gedanken mache. (b. l./ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2018)