Mitten im Fasching Wehe dem, der keine Pappnase hat

Während des Faschings ruht das Kulturleben. Und das ist schade

Kolumne von Gregor Schiegl

Es gibt zwei Sorten von Menschen: die, die Fasching lustig finden und sich mit Begeisterung in den Promille-Konfetti-Remmidemmi stürzen, und jene, bei denen der kollektive Frohsinn eine depressive Verstimmung auslöst. Diese Leute nennt man Faschingsmuffel, Spaßbremsen, Langweiler oder Feingeister. Sie ziehen sich zurück, brühen schwarzen Tee und lesen Thomas Bernhard hinter doppelverglasten Fenstern, während draußen DJ Ötzi bumpert. Wer Gesellschaft sucht, aber eben nicht die der lärmenden Narren, dem bleibt eigentlich nur noch der Besuch der Dachauer Kunsteisbahn. Die ist während der Faschingstage geöffnet, immerhin, allerdings sollte man dafür Schlittschuhlaufen können, wenigstens so lala.

Das Merkelsche Diktum von der "Alternativlosigkeit" ist im Landkreis unter der Regentschaft der Narren dieser Tage Realität. Man hat im Prinzip nur die Wahl zwischen Fasching und Fasching. Wer jetzt keine Pappnase hat, der bleibt allein. Das Kulturleben ruht: Von Hilgertshausen bis Karlsfeld nicht ein Ort, an dem ein Konzert stattfände, eine Ausstellung eröffnet würde oder ein Stück gespielt, von Lesungen ganz zu schweigen. Das ist allerdings nicht die Schuld der Narren, um das ganz klar zu sagen. Weder erlassen sie Aufführungsverbote noch blockieren sie mit ihren Bällen sämtliche Veranstaltungshäuser im Landkreis. Es sind die Veranstalter selber, die sich scheuen, in Konkurrenz zum Faschingstreiben zu treten. Deswegen herrscht kulturell jetzt tote Hose. Das ist schade und auch nicht besonders clever.

Es stimmt, dass es auch Kulturfreunde gibt, die gerne Fasching feiern. Es stimmt, dass viele Familien die freien Tage nutzen, um wegzufahren. Aber es ist nicht so, dass der Landkreis völlig entvölkert wäre. Aus Angst vor leeren Stühlen gibt es Engagements vor allem dann, wenn die Schulen und Büros voll sind. Das ist im Grunde richtig gedacht, aber eben nicht, wenn alle so denken: An manchen Wochenende ballen sich zwei Dutzend oder mehr Veranstaltungen an einem einzigen Tag und das alleine in der Stadt Dachau. Davon hat das Publikum nichts, man kann nicht drei Konzerte gleichzeitig besuchen, und die Veranstalter wundern sich, wenn trotz erstklassiger Künstler das Haus nicht voll wird. Vielleicht findet ja doch eines Tages jemand den Mut zu einer anspruchsvollen Kulturveranstaltung an Fasching. Dieser Mut würde sicherlich belohnt werden.