Fußballer Marcel Heister in Israel "Ich ziehe ein neues Abenteuer der Bundesliga immer vor"

Durchsetzungsstark: Marcel Heister von Beitar Jerusalem (links)

(Foto: imago/PanoramiC)
Von Matthias Schmid

Marcel Heister kann seine schwäbische Herkunft nicht verleugnen. "Isch" streut er auch nach Jahren im Außendienst immer wieder ein, wenn er über sein Leben als Fußball-Profi in Israel erzählt. "Jerusalem isch eine sehr religiöse Stadt", sagt er. Bei "Montag" betont er die erste Silbe. Seit Sommer 2016 lebt und spielt der gebürtige Albstädter für den israelischen Spitzenklub Beitar Jerusalem. Er ist neben Tim Heubach (Maccabi Netanja) der einzige deutsche Fußballer in Israel. Spricht der 25-Jährige über den Verein im Nahen Osten hört sich das so harmlos an, als würde er über einen Erstligisten in der Schweiz reden oder in Schweden. Alles ist gut, alles ist wunderbar. "Es wird hier guter Fußball gespielt", sagt Heister und schwärmt von der Lautstärke und der Leidenschaft der Fans: "Es kommen zwischen 20 000 und 30 000 Zuschauer zu jedem Heimspiel. Sie stehen Kopf und reden nur noch von der Meisterschaft."

Es ist jetzt nicht so, dass sich Heister seine eigene heile Welt konstruiert. Er lebt im Hier und Jetzt. Wie bei jedem Profifußballer prägt der Sport sein Leben, es unterscheidet sich in Israel nicht von dem eines Berufskickers in Deutschland, so sieht er das. Er trainiert, er spielt, er geht abends mit Kumpels Essen. Dass er zufällig in einem Gebiet spielt, in dem jederzeit ein bewaffneter Konflikt ausbrechen kann, blendet er nicht aus. "Es ist hier einfach kein Thema", behauptet er. Er könne überall in Jerusalem hingehen, sich frei bewegen, auch nachdem US-Präsident Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt und damit die Nervosität in der Region und den Zorn der Palästinenser noch vergrößert hat.

Marcel Heister sucht als Mensch und Fußballer das Abenteuer, "ich möchte etwas erleben", sagt er. "Über Land und Leute Bescheid wissen, deshalb habe ich mich auch intensiv mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt befasst, viel nachgefragt und auch hinterfragt." Seine Geschichte ist aber vor allem die Geschichte eines begabten Fußballers, für den die Bundesliga schon lange kein Sehnsuchtsort mehr ist. Ihn drängt es nicht zurück nach Deutschland. "Denn ein Hoffenheimer Trainer wollte mich kaputtmachen", sagt Heister.

Als 18-Jähriger hatte er noch unschuldig auf den Profifußball geblickt. Die Bundesliga war sein großer Traum, und er war schon näher dran als viele Gleichgesinnte in seinem Alter. Nach seinem Wechsel vom SSV Reutlingen zur TSG 1899 Hoffenheim spielte er zunächst für die A-Junioren in der Bundesliga und die zweite Mannschaft in der Regionalliga. Er hatte gute Gespräche mit Markus Gisdol geführt, der Hoffenheim II trainierte, auch mit den Profis sollte er nach einem Jahr regelmäßig üben. Das war der Plan.

"Ich wollte nicht noch ein Jahr durch den Wald rennen"

Gisdol zog es 2011 als Co-Trainer von Ralf Rangnick zum FC Schalke - und Heister landete im Wald. Der neue Trainer Frank Kramer eröffnete ihm am ersten Tag, dass er nicht mit ihm als Stammspieler plane. Er durfte nicht einmal mehr mittrainieren. Während die anderen übten, ging er laufen. "Aber ich wollte nicht noch ein Jahr durch den Wald rennen", erinnert sich Heister. Also suchte er einen neuen Klub. Nachdem sein damaliger Berater auch Anfang August noch keinen gefunden hatte, Anfragen hatte es aus der dritten Liga gegeben, fahndete er selber nach einem neuen Verein. Über seinen Vater und Onkel, die beide aus Kroatien stammen, kam er im Sommer 2012 schließlich beim Erstligisten NK Zadar unter.

Die Anfangsphase war von Misstrauen geprägt, weil der Trainer ihn zum linken Außenverteidiger umschulen wollte. "Im ersten Moment dachte ich, was will der denn von mir, weil ich immer ein Stürmer war, der von seinen Toren lebte", sagt Heister. Er merkte aber rasch, dass ihm die Position lag, er konnte sie offensiv interpretieren, sich verausgaben und Tore vorbereiten, vereinzelt sogar selber schießen. "Heute kann ich mir gar keine andere Position mehr vorstellen", sagt er.