Rom. Nach dem Anschlag auf dunkelhäutige Menschen in Italien hat die Polizei die Überwachung von Aktivisten rechtsextremer Parteien und Gruppierungen verstärkt. Vor allem in Rom wurden neofaschistische Gruppen überprüft, berichtete die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ in ihrer Montagsausgabe. Unter anderem wurden Waffenlizenzen rechtsextremer Anhänger kontrolliert. Die Polizei beobachte auch Internetportale mit rechtsextremer Propaganda, die zu gewalttätigen Aktionen gegen Migranten aufhetzen, schreibt die Zeitung.
Am Wochenende hatte ein 28-jähriger Italiener mit Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen in den Straßen der Stadt Macerata auf Personen mit afrikanischen Wurzeln geschossen, sechs Menschen wurden verletzt. Nach dem Angriff wurde er festgenommen. Seine Opfer hatte der Attentäter den Behörden zufolge wegen ihrer Hautfarbe ausgewählt. Italienische Medien berichten zudem, der 28-Jährige habe von „Rache“ wegen des Mordes an einer 18-jährigen drogenkranken Italienerin gesprochen. Die Frau wurde in der Gegend umgebracht und zerstückelt. Die Polizei verhaftete als Verdächtigen einen Mann aus Nigeria, der die Vorwürfe bestreitet.
Die Opfer des Angriffes durch den Rechtsextremen stehen aber in keinerlei Verbindung zum Mord an der 18-Jährigen. Der Attentäter war mit seinem Auto durch die Stadt gefahren und hatte mit seiner Pistole wahllos auf Menschen mit dunkler Haut geschossen. Die Verletzten stammen aus Gambia, Nigeria, Ghana und Mali. Einige von ihnen wohnen schon länger in Italien, andere sind Asylwerber.
In der Wohnung des Angreifers wurde rechtsextremes und neonazistisches Material gefunden – darunter laut Medien auch eine Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Bereits in der Vergangenheit war der Mann durch einschlägiges Verhalten aufgefallen. So soll er etwa in der Öffentlichkeit den faschistischen Gruß gezeigt haben. 2017 kandidierte er zudem bei den Gemeinderatswahlen von Corridonia für die rechtspopulistische Partei Lega Nord.
Berlusconi: „Eine Zeitbombe“
Italiens Innenminister Marco Minniti sprach von einer von „Rassenhass“ motivierten Tat. Er befürchtet Nachahmungstäter. Für die letzte Phase des Wahlkampfes für die Parlamentswahl am 4. März versprach er daher strenge Sicherheitsvorkehrungen. Das Thema Migration ist zurzeit ein zentrales Thema der Wahlkampagnen.
Für Aufsehen sorgt dabei nun Ex-Premier Silvio Berlusconi: Er sprach von der Tat eines „psychisch gestörten Menschen“, die „keine politische Motivation“ habe. Vielmehr müsse man sich nun mit der Sicherheit in den Städten auseinandersetzen, sagte der Chef der Mitte-rechts-Allianz. Er forderte die Rückführung von 600.000 Migranten, die laut seinen Angaben illegal in Italien leben. „Sie sind eine Zeitbombe, die jederzeit explodieren kann, weil sie von Verbrechen leben“, sagte Berlusconi am Sonntagabend im Interview mit dem TV-Sender Canale 5, der zu seinem eigenen Medienkonzern gehört.
Der Chef des Linksbündnisses Liberi e uguali (Frei und gleich), der scheidende Senatspräsident Pietro Grasso, warf Berlusconi vor, „Märchen“ zu erzählen. „Von einer Massenheimführung von Migranten zu sprechen, ist unzumutbar“, sagte Grasso in der Talkshow „Unomattina“ in der öffentlich-rechtlichen RAI. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2018)