SpVgg Unterhaching Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden

„Es ist immer ein Genuss, Unterhaching zuzusehen“, lobte Wehens Trainer Rüdiger Rehm. Max Dombrowka (links) und Stefan Schimmer genossen den eigenen Auftritt am Samstag eher nicht so recht.

(Foto: Claus Schunk)

Die SpVgg will ihren Spieltrieb zügeln. Gegen Wehen gelingt das nur phasenweise.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Es war ziemlich mutig von Claus Schromm, die drei Schiedsrichter bis in ihre Kabinen zu begleiten. Die Ordner im Unterhachinger Sportpark hatten den mobilen Kabinengang schon etwas weiter ans Spielfeld herangefahren als üblich, denn es war davon auszugehen, dass die Unparteiischen nicht unbehelligt den Weg an den heimischen Fans vorbei nehmen könnten. Die Sache lief dann glimpflich ab, und Trainer Schromm meinte später, so viel habe es eigentlich auch gar nicht zu besprechen gegeben, nur das eine eben: drei Minuten Nachspielzeit. Die seien ihm nach den Vorkommnissen dann doch viel zu wenig gewesen. Wobei es am Ende so wirkte, als ob auch zehn Minuten Nachspielzeit seiner SpVgg Unterhaching nicht mehr viel gebracht hätten. Die kampfbetonte Partie gegen den SV Wehen Wiesbaden endete 0:1 aus Sicht des Aufsteigers.

SpVgg-Präsident Manfred Schwabl moderierte die Tatsache, dass man nun acht statt zwei Punkte hinter dem dritten Platz in der dritten Liga steht, fast schon lapidar: "Ein Tick Erfahrung" habe gefehlt, überhaupt nicht viel, man stecke eben in einer Entwicklung, alles ganz normal.

Sie wollen ja erwachsener werden in Unterhaching, besonders viel erwachsener hatten sich die Gäste allerdings auch nicht präsentiert - in keiner Hinsicht. Wie erleichtert sie waren, wurde gegen Ende erkennbar, als viele Nerven blank lagen: Wehens Kapitän Steven Ruprecht reckte zwei geballte Fäuste in Richtung der Unterhachinger Bank, während er direkt vor ihr stand; wenige Sekunden davor hatte sich Torwart Markus Kolke mal ganz kurz vorne an die Hose gefasst, während er grinsend zu den Hachinger Fans auf der Südtribüne hinaufsah; und dort ließ sich dann einer zum Wurf eines Feuerzeugs herab, als ein weiterer Wehener Spieler mit höhnischem Applaus in die Kabine lief (das Feuerzeug traf nicht). Seinen Spielern könne er kaum einen Vorwurf machen, sagte Hachings Trainer Schromm später. Chancen hatte es ja gegeben. Bei den besten, einem Volleyschuss von Stefan Schimmer (25.) und einem leicht verzogenen Schuss von Max Dombrowka (72.), fehlte lediglich ein bisschen Präzision. Gleichzeitig hatte der Gegner auch nicht bedenklich viele Möglichkeiten gehabt. "Schwer unter Druck geraten sind wir jetzt nicht", fand Torjäger Schimmer später. "Ich glaube schon, dass wir älter geworden sind", sagte Schromm am Ende seines Spieltag-Fazits. Wenn erwachsen werden bedeutet, dass man sich so gebärdet wie Wehens Spieler, möchte man indes fast hoffen, dass Schromms Team noch eine Weile adoleszieren darf.

Das Problem der jungen Hachinger, wie zum Beispiel des 21-jährigen Christoph Greger in der Innenverteidigung, war: Sie konnten sich von Beginn an nicht ordentlich austoben. "Wir sind da in unserer Spielanlage abhängig", sagte Schromm und meinte damit: von einem guten Rasen. Diesen gibt es in der aktuellen Jahreszeit selten, was die Spielvereinigung schon beim Auftakt vor einer Woche in Karlsruhe erfahren hatte: "Da war's ja noch schlimmer", fand Ulrich Taffertshofer nach der zweiten Niederlage im zweiten Spiel des Jahres. Auch Wehens überaus freundlicher Trainer Rüdiger Rehm ("Es ist immer ein Genuss, Unterhaching zuzusehen") meinte später, Haching werde im Frühjahr "auch wieder guten Fußball spielen".

Im vergangenen Jahr war dieses Manko nicht so aufgefallen. Haching hatte die Regionalliga fast nach Belieben dominiert, da fiel es nicht weiter ins Gewicht, dass die schlechteste Phase der Saison unmittelbar der Winterpause folgte. Vor allem war diese Pause mehr als doppelt so lang wie in der dritten Liga, sie hatte bis Anfang März gedauert. Als damals das Krisengerede begann, wuchs auch schon frisches Gras darüber. Diesmal wurden die Probleme nicht nur offenbar, wenn Stürmer Schimmer, am Sechzehner freistehend beim Schussversuch wegrutschte und sich auf den Hosenboden legte (31.). Sondern vor allem dann, wenn der Ball in der Spieleröffnung versprang und so der Gegner zu Chancen eingeladen wurde. "Wir waren zu Beginn zu mutig", nannte Schromm das.

Lange Bälle nach vorne waren nur bedingt geeignet - denn dort hielt sich meist Sascha Bigalke auf

Man arbeite vermehrt an der zweiten Variante, sagt Schromm, also an der nicht-spielerischen. Diesmal sah das bisweilen ein wenig ulkig aus, weil sich der spielstarke, aber nicht besonders große Sascha Bigalke oft im Sturmzentrum aufhielt - dort fehlte diesmal der aktuell beste Liga-Stürmer Stephan Hain verletzt. Lange Bälle nach vorne waren deshalb kein gutes Rezept, um einem unglücklichen Rückstand hinterherzujagen: Das 0:1 war per Kopfball durch Simon Brandstetter mit dem Pausenpfiff gefallen. Die Hachinger improvisierten sich dann gegen Ende der Partie immer öfter in den gegnerischen Sechzehner, in dieser ungestümen Phase waren sie offensiv am stärksten. Fast, als ob sie plötzlich diesen Spruch aus dem Jugendjargon im Kopf hatten: Werde nicht erwachsen, es ist eine Falle.