• vom 28.01.2018, 09:00 Uhr

Film


Interview

"Keine Filme über Lederhosen"




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Von Matthias Greuling

  • Roland Teichmann, Chef des Österreichischen Filminstituts, versucht eine Standortbestimmung des heimischen Films.

Roland Teichmann sieht eine Film-Überproduktion.

Roland Teichmann sieht eine Film-Überproduktion.© apa/Hans Punz Roland Teichmann sieht eine Film-Überproduktion.© apa/Hans Punz

Wien. Er wacht über die mit 20 Millionen Euro jährlich bestdotierte heimische Filmförderung: Das Österreichische Filminstitut (ÖFI), dem Roland Teichmann seit 2004 vorsteht, ist ein wesentlicher Partner für die Filmschaffenden im Bereich Kinofilm.

"Wiener Zeitung": Herr Teichmann, jährlich starten über 450 Filme in unseren Kinos. Welche Perspektive hat der österreichische Film in diesem Dickicht?


Roland Teichmann: Dass es heute insgesamt zu viele Filme im Kino gibt, ist unbestritten. Ich glaube, das heimische Filmschaffen braucht schon eine gewisse Anzahl von Filmen, um Präsenz zu zeigen. Tendenziell liegt diese Zahl bei knapp unter 30 vom ÖFI geförderten Filmen. Wir pendeln uns gerade auf diesen Wert ein, denn die Hoch-Zeit der letzten Jahre ist erst einmal vorüber. Es geht eher in Richtung 25.

Kritiker meinen, es gäbe in jüngster Vergangenheit zu viele mittelmäßige Filme aus Österreich.

Man muss differenzieren: Wo beginnt das Mittelmaß? Sehr salopp gesagt: Mittelmäßig sind wir alle, niemand braucht sich einzubilden, der große Zampano zu sein. In Wahrheit spielt sich in der Kreativbranche vieles nach dem Mittelmäßigkeitsprinzip ab, es kann nicht nur Exzellenz geben. Im Grunde ist die Mittelmäßigkeit die Regelmäßigkeit. Das kann man aber ganz entspannt sehen.

Wie ist das mit dem heimischen Publikum. Kommt der österreichische Film heute besser an als früher?

Ich wehre mich immer gegen das simplifizierende Erfolgsmodell der Besucherzahlen. Denn verkaufte Tickets sind nicht alles. Es gibt Luft nach oben für das österreichische Filmschaffen, aber bedenken Sie nur die immer schwierigeren Auswertungsbedingungen: 2016 hatten wir 457 Filme in den Kinos, auf die sich die rund 16 Millionen Kinobesucher verteilten. 2004 waren es noch 280 Filme und 18 Millionen Besucher. Insgesamt sehen wir eine starke Überproduktion an Filmen - und das international. Hinzu kommt der neue Content von Netflix & Co., der die Kinoauswertung für kleinere Produktionen noch schwieriger macht.

Fast alle vom ÖFI geförderten Filme bekommen einen Kinostart. Ist das angesichts der sich rasch wandelnden Verwertungswege ein Modell mit Zukunft?

Das ist eine berechtigte Frage, die uns schon seit Jahren beschäftigt. Soll man das Primat der Kinoförderung aufgeben oder relativieren? Ich bin in dieser Frage ehrlich gesagt noch unentschlossen. Der Trend, dass die Rezeption von Filmen außerhalb des Kinos immer wichtiger wird, ist weithin sichtbar. Wir denken sehr wohl noch an das Kino als ersten Verwertungsweg, nur vielleicht ist es an der Zeit, dem Kino die Exklusivität zurückzugeben, indem man versucht, Projekte zu unterstützen, die unbedingt nach der großen Leinwand verlangen.

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Dokument erstellt am 2018-01-26 16:20:07
Letzte Änderung am 2018-01-26 16:23:10





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