Die Primaten mussten bei Versuchen in den USA die Autoabgase des VW Beetle einatmen - angeblich ohne Schaden für die Tiere.
Es ist eine bizarre Versuchsanordnung: Zehn Affen wurden in eine Kammer gesperrt und bekamen Cartoons zu sehen. Aus einer Öffnung bekamen sie Luft zum Atmen, genauer gesagt: Abgasluft aus einem VW Beetle, wie die New York Times offengelegt hat. Dieses Experiment im Jahr 2014 in einem Labor im US-amerikanischen Albuquerque sollte offenbar zeigen: Ein deutsches Auto arbeitete so sauber, dass ein Primat keinen Schaden davon trägt.
Ein merkwürdiger Test, vor allem wenn man bedenkt, dass im Herbst 2015 aufflog, dass viele Abgaswerte von VW-Autos gefälscht waren, tatsächlich also weit höher waren, als vom Unternehmen angegeben. Der Konzern bestreitet das Experiment nicht, das von einem deutschen Lobbyverein organisiert wurde, der "Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor" (EUGT). Diese Institution wurde 2007 von BMW, Daimler, Volkswagen und Bosch gegründet und hat nach VW-Angaben den Auftrag für diese Affen-Studie an das US-Institut Lovelace Respiratory Research Institute (LRRI) erteilt.
Daimler distanziert sich von der Studie
Eine Bewertung gibt VW dazu nicht ab, sondern nur den Hinweis, wieso bislang niemand von dieser eigenartigen Angelegenheit erfuhr: Das EUGT wurde zum 30.06.2017 aufgelöst, wobei Bosch bereits 2013 ausgetreten war. Und, so heißt es aus Wolfsburg, zum Zeitpunkt der Auflösung lagen die abschließenden Ergebnisse der Studie nicht vor, womit das Projekt auch nicht abgeschlossen und veröffentlicht worden ist.
Zu viel Geld zeugt von zu viel Nähe zu den Mächtigen
Der EUGT-Partner Daimler schildert das so: Der Entwurf des Abschlussberichtes sei dem Forschungsbeirat im Dezember 2015 vorgelegt worden. Der Beirat habe den Bericht vor allem wegen offener methodischer Fragestellungen aber nicht akzeptiert. Zudem sei kein Daimler-Auto zum Einsatz gekommen, und man distanziere sich von der Studie: "Wir halten solche Versuche für vollkommen sinnlos."
Den meisten Fragen könne man auch durch andere Versuche nachgehen
Tobias Stöger erforscht am Helmholtz-Zentrum, wie sich Stoffe und Partikel in der Lunge verhalten und welche Auswirkungen das auf den Organismus hat. "Es ist das erste Mal, dass ich höre, dass solche Expositionsversuche an Affen gemacht wurden." Und er kann auch nicht nachvollziehen, wozu das notwendig sein sollte. Dazu müsse er wissen, was die Forscher in den USA genau herausfinden sollten.
Den meisten Fragen könne man auch durch Versuche mit anderen Tieren wie etwa Ratten nachgehen oder auch mit Menschen. So habe es sogar Versuche gegeben, in denen junge Menschen sehr stark verdünnte Dieselabgase in die Atemluft gemischt bekommen hatten. Die Forscher untersuchten, wie der Körper darauf reagiert, wie die Substanzen auf das Herz wirken, auf die Blutgefäße und die Durchblutung. "Der Körper reagiert sehr schnell auf solche Einflüsse, innerhalb von Minuten."
Affen jedoch setzt man für solche Studien kaum noch ein, sagt auch Joachim Heinrich, bis zu seiner Pensionierung 2014 Leiter des Helmholtz-Instituts für Epidemiologie: "Die tierethischen Bedenken sind so groß, dass man diese Tiere in Deutschland bereits seit mindestens 15 Jahren nicht mehr zur Untersuchung solcher Fragen heran ziehen würde."