Erinnerung an Holocaust-Zeitzeugen Wider das Vergessen

Im April 2016, fünf Monate vor Mannheimers Tod, war dieses Bild im Rahmen einer Ausstellung im Ebersberger Rathaus zu sehen.

(Foto: Christian Endt)

Bad Aibling ruft Max-Mannheimer-Kulturtage ins Leben

Von Alexandra Leuthner, Bad Aibling

Die Ärzte hatten dem jungen Max Mannheimer prophezeit, er werde seinen 40. Geburtstag nur mit Glück erleben. Mit angebrochenen Rippen, typhuskrank, abgemagert auf 36 Kilo, um fünf Zentimeter geschrumpft wegen zweier zerquetschter Wirbel und seelisch gezeichnet von den Jahren, die er in Konzentrationslagern verbracht hatte, war er 1945 befreit worden. Letztlich ist er 96 Jahre alt geworden. Und doch hat seine Lebenszeit nicht ausgereicht, um seine Botschaft wirklich zu all jenen zu bringen, die sich Humanität, Toleranz und Humor verschließen. Die Kulturschaffenden der Stadt Bad Aibling haben sich deshalb vorgenommen, die Erinnerung an den Zeitzeugen Mannheimer zu bewahren und sein Werk fortzusetzen, indem sie "Max-Mannheimer-Kulturtage" ins Leben gerufen haben. Sie finden nun zum ersten Mal statt und sollen dann im jährlichen Rhythmus fortgesetzt werden.

"Wie wird eine Zukunft aussehen ohne Menschen wie Max Mannheimer, die mahnen, erzählen, ihre Zuhörer in den Bann ziehen, wie er es getan hat?" Die Frage hat auch Michael Stacheder bewegt. Der Aiblinger Regisseur und Schauspieler hat den Anstoß für die Veranstaltungen gegeben, die unter dem Motto "Miteinander Erinnern" stehen. Volkshochschule, Stadtbücherei und Kunstverein stehen hinter dem Konzept und geben so auch eine eindeutige Antwort auf eine Entscheidung des Stadtrats vom Vorjahr, eine Straße in einem Neubaugebiet nicht nach Mannheimer zu benennen - aus Angst vor rechten Schmierereien.

Der jüdische Kaufmann, der nach dem Krieg ins Land jener Täter zurück gekehrt war, die ihm seine erste Frau, seine Eltern und zwei Geschwister genommen hatten, war 35 Jahre lang im Dienste der Aufklärung und der Versöhnung unterwegs. Er hatte in Schulen unzähligen jungen Leuten von seiner Geschichte erzählt, aber auch die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden nie gescheut, selbst mit Neonazis gesprochen - und war von ihnen mit dankbaren Briefen bedacht worden, wie seine Enkelin Judith Faessler unlängst bei einer Veranstaltung in Poing erzählte.

Und so sollen die Kulturtage in seinem Geiste ein Forum bieten, zur Information, aber auch zur Diskussion und verantwortungsvollen Auseinandersetzung mit Geschichte. An diesem Freitag, 26. Januar, werden die Kulturtage in der Galerie des Alten Feuerwehrgerätehauses eröffnet. Christine Stettner, Dozentin für Kunsttherapie, gibt eine Einführung in eine Ausstellung mit Bildern von Max Mannheimer unter dem Titel "Wider das Vergessen", die der Aiblinger Kunstverein von 27. Januar bis 11. Februar zeigt. Geöffnet ist die Galerie samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Mannheimer hatte in den fünfziger Jahren zu malen begonnen, unterzeichnete seine Werke mit "ben jakov", Sohn des Jakob, und widmete sie seinem in Auschwitz ermordeten Vater. Michael Stacheder liest aus Mannheimer-Texten, ein Auftritt der Band LifveChords rundet den Abend ab.

Die Aiblinger CSU-Stadträtin und Kulturreferentin Elisabeth Geßner übernimmt die Begrüßung zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung, die am Mittwoch, 31. Januar, um 19.30 Uhr im Haus der Volkshochschule stattfindet, zu Gast sind Mannheimers Tochter, Eva Faessler, und Eva Hoegner, Mitarbeiterin der Weiße Rose Stiftung. Am Mittwoch, 7. Februar, liest Michael Stacheder noch einmal aus Texten des Zeitzeugen, diesmal aus seinem "Späten Tagebuch".

In dem 1983 erschienen Buch hatte Mannheimer erstmals über das gesprochen, was er erlitten hatte. Nicht mal im Kreis seiner zweiten Familie erzählte er von der Hölle, die er überlebte, überspielte Unerträgliches gerne mit einem Witz. Bis zum Ende habe er das so gehalten, hatte seine Enkelin erzählt. Auf den Reizhusten angesprochen, der ihn wenige Tage vor seinem Tode quälte, habe er geantwortet, er habe "ja ansonsten keine Reize mehr". Dass er so alt geworden ist, sei sicher auch auf seinen Optimismus, seine Lebenslust und seinen Witz zurückzuführen.