Nachtslalom in Schladming Schneebälle gegen Henrik Kristoffersen

Vom Publikum mit Schneebällen beworfen: Henrik Kristoffersen.

(Foto: AFP)
Von Matthias Schmid, Schladming

Henrik Kristoffersen kann sich herrlich aufregen, wenn Marcel Hirscher schneller den Berg hinab saust als er selbst. Im Internet ist ein Clip zuletzt sehr oft aufgerufen worden, der den Norweger beim Slalom in Zagreb dabei zeigt, wie er auf die Bestzeit seines österreichischen Rivalen reagiert hat. Kristoffersen schaut, als hätte er gerade einen Liter Lebertran trinken müssen. Er dreht sich im Kreis und kickt mit seinen Füßen gegen einen imaginären Ball, immer wieder.

Der 23-Jährige ist ein Hochbegabter, ein Ausnahmefahrer, das Verlieren muss er aber nach Einschätzung von Experten erst noch lernen. Auch Felix Neureuther gehört zu den Kritikern, er tadelte Kristoffersen scharf für dessen Auftritt und nannte ihn im österreichischen Radio ein "Rumpelstilzchen".

"Respektlos", schimpft Kristoffersen

Am Dienstagabend wunderten sich die fast 50 000 Zuschauer an der Planei in Schladming wieder über Kristoffersens Reaktion. Nachdem er beim Nachtslalom im Ziel nach einem fast perfekten Lauf mit überlegener Bestzeit im zweiten Durchgang abgeschwungen hatte, hob er seinen Zeigefinger und bewegte ihn im Höchsttempo hin und her. Kristoffersen regte sich fürchterlich auf. Aber worüber überhaupt?

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Das wusste zunächst niemand so recht, doch dann schrie er auf Norwegisch in die Kamera: "Schneeballwerfen ist nicht erlaubt" und griff gleichzeitig in den Schnee, um einen kleinen Klumpen Richtung Publikum im Zielraum zu werfen. Es dauerte nicht mehr lange, bis in seinem Hintergrund die ersten Bilder über die Videoleinwand flimmerten. Die Zuschauer konnten darauf erkennen, dass Schneebälle auf Kristoffersen geflogen waren, während er um die Stangen carvte. "Respektlos", nannte er das hinterher, als sein Rivale Marcel Hirscher als Sieger feststand.

Um das alles besser einordnen zu können, muss man wissen, dass sich Kristoffersen als halber Österreicher fühlt. Er lebt in Salzburg, sein Trainer Christian Mitter ist in der Nähe von Schladming aufgewachsen. "Ich liebe Österreich", wiederholte Kristoffersen nach dem Rennen mehrmals, "Schladming ist für mich wie ein Heimrennen." Deshalb verstand er die Reaktion des Publikums überhaupt nicht, in Kitzbühel am vergangenen Sonntag hatten ihn die Österreicher noch fair behandelt und gefeiert, nachdem er Hirscher erstmals in dieser Saison hatte besiegen können.

Hirscher bekam in Schladming beim Start von all dem nichts mit, was Kristoffersen wiederfahren war, als Führender des ersten Durchgangs katapultierte er sich am Dienstagabend als Letzter im finalen Lauf aus dem Starthaus, bei ihm ging es mal wieder um mehr als den sechsten Slalom-Sieg in diesem Winter, es ging um Historisches, mit seinem 54. Weltcupsieg konnte er endlich mit dem großen Herminator, mit Hermann Maier, gleichziehen. Das war ein großes Thema in Österreich. Diese Bestmarke war auch für Hirscher, der schon so vieles in seiner Karriere gewonnen hat, etwas besonderes, wie er später zugab: "Das sind schon Rekorde, die ganz viel Gewicht haben."