- Julia Görges scheitert in Runde zwei der Australian Open an Alizé Cornet.
- Nach 15 Siegen in Serie war Görges im erweiterten Favoritenkreis für das Grand-Slam-Turnier genannt worden.
- Trotz ihrer Niederlage erkennt sie aber auch Fortschritte bei sich: "Ich habe Dinge versucht zu ändern, auf die ich vor zwei Jahren nicht gekommen wäre."
Temperaturen um den Gefrierpunkt, Schneefall in verschiedenen Regionen und auch keine Besserung in den nächsten Tagen in Sicht - das Wetter in Deutschland ist derzeit nicht wirklich einladend. Aber das ist Julia Görges egal. "Das macht mir nichts", sagt sie und betont: "Ich möchte gerne nach Hause."
Denn dort, in Regensburg, hat sie etwas, das sie in Melbourne, wo an diesem Donnerstag und Freitag Temperaturen um die 38 Grad Celsius erwartet werden, nicht hat: "Mein eigenes Bett". Manchmal muss man Prioritären setzen, vor allem dann, wenn an einem fernen Ort keine Pflichten mehr anstehen. Für die Doppelkonkurrenz hat Görges diesmal nicht gemeldet, und im Einzel ist sie am Mittwoch ausgeschieden, mit 4:6, 3:6 gegen Alizé Cornet, in der zweiten Runde der Australian Open.
Im erweiterten Favoritenkreis für das erste Grand-Slam-Turnier der Saison war die 29-Jährige genannt worden, nachdem sie jahresübergreifend eine bemerkenswerte Serie geschafft hatte. 15 Siege in Serie, die in drei Turniererfolgen mündeten, in Moskau und Zhuhai bei der B-WM in der vergangenen Saison, dann der Titel in Auckland, "das sind Sachen, die ich auch erst einmal verarbeiten muss", sagte Görges. Ein bisschen platt wie nach einer Wanderung auf einen 5000er wirkte sie, aber durchaus auch aufrecht und erhaben. Sie konnte sich ja alles erklären. Sie sieht nicht gleich Weltverschwörungen und Sinnkrisen, wenn sich eine Niederlage dazwischenmogelt in ihren Alltag. Die stets unterhaltsame und geistig anregende Kollegin Andrea Petkovic hätte die Aufarbeitung wohl nicht in sieben Minuten hinbekommen wie Görges. Jede ist eben, wie sie ist.
15-Jährige überrascht bei den Australian Open
"Man muss ihr heute den Kredit geben, dass sie mir keine Chance gegeben hat."
Ihre Aufgeräumtheit hat Görges jedenfalls nicht mit dem ersten Negativerlebnis seit Ende September eingebüßt, als sie in Peking in der zweiten Runde gegen die Tschechin Barbora Strycova letztmals als Verliererin vom Platz gegangen war. "Ich habe versucht, mich zu aktivieren, zu bewegen irgendwie, ein gewisses Energiepotenzial herzukriegen", sagte Görges nun. Aber: "Man muss ihr heute den Kredit geben, dass sie mir keine Chance gegeben hat."
Die Französin, eine bekanntermaßen giftig kämpfende Kontrahentin, ab und an gar streitlustig, war agiler, genauer in den Schlägen, risikobereiter, dominanter. Und kontrollierte so die Partie weitgehend. Görges habe daher "mit sehr wenigen Mitteln hauszuhalten gehabt". 14 Asse hatte sie noch in der ersten Runde gegen die Amerikanerin Sofia Kenin erzielt, nun waren es zwei. Dazu: drei Doppelfehler und 41 unerzwungene Fehler. Da halfen selbst 32 Winner wenig, um das auszugleichen. "Ich bin auch nur ein Mensch, ich bin keine Maschine", sagte Görges.
Das Positive im Negativen zu sehen, hilft immerhin, Rückschläge zu verarbeiten, Görges hatte damit wenig Mühe. Sie sieht sich ja, seit sie Ende 2015 nach Regensburg gezogen war und ein neues Team mit Trainer Michael Geserer sowie dem Physio und Fitnesstrainer Florian Zitzelsberger formierte, in einem steten Reifeprozess. "Ich habe Dinge versucht zu ändern, auf die ich vor zwei Jahren nicht gekommen wäre", so analysierte sie ihre Leistung gegen Cornet. "Das nehme ich als Positives mit." Die neue Julia Görges, die sich an die Top Ten heranpirscht und diese als zuletzt Zwölfte bald erreichen könnte, hat aus einer früher womöglich klaren Niederlage eine halbwegs ansehnliche gemacht. So meinte sie das. Eine Selbstreflexion war das, die Mona Barthel zuvor auf ähnliche Weise geäußert hatte, wenngleich sie sich auf einen kürzeren Zeitraum bezog.
"Wenn ich auf den ganzen Januar blicke, habe ich mich gesteigert", sagte die 27-Jährige aus Bad Segeberg, die kürzlich nach Rosenheim gezogen ist; ihr Trainer Christopher Kas lebt in der Nähe. Anfang des Monats hatte Barthel zwei enttäuschende Matches in Auckland und Hobart erlebt, beim 3:6, 6:4, 3:6 in Melbourne gegen die Estin Anett Kontaveit hat sie sich aber "wieder wettbewerbsfähig" gezeigt, wie sie resümierte.