Serdar Somuncu im Interview "Ich will Versager in der Mannschaft haben"

Serdar Somuncu war im vergangenen Jahr Kanzlerkandidat der Satirepartei DIE PARTEI.

(Foto: Karlheinz Schindler/dpa)

Der Kabarettist und Gladbach-Fan Serdar Somuncu spricht über Mitleid mit dem Tabellenletzten 1. FC Köln und erklärt, was ihn am FC Bayern stört.

Interview von Sebastian Fischer

Die meisten kennen Serdar Somuncu, 49, geboren in Istanbul und aufgewachsen in Neuss, von seinen Auftritten in der heute-show, als Kanzlerkandidaten der Satirepartei "Die Partei" bei der vergangenen Bundestagswahl, als Talkshowgast oder Moderator seiner eigenen Talkshow "So! Muncu" auf n-tv. Seit er vor fast 20 Jahren auf der Bühne "Mein Kampf" rezitierte und bloßstellte, gilt er als einer der provokantesten deutschen Humor-Arbeiter. Fan von Borussia Mönchengladbach ist er seit mehr als 40 Jahren. Er wohnt in Berlin - und im bei Gladbachern nicht unbedingt beliebten Köln.

SZ: Herr Somuncu, macht es für Sie als Gladbach-Fan überhaupt noch Spaß, den 1. FC Köln zu hassen, den abgeschlagenen Letzten?

Somuncu: Ooooh. Tut mir echt leid!

Das soll wahrscheinlich "Ja" heißen?

Alle meine Kölner Freunde wollen mir Mitleid einreden. Aber es macht ja Spaß, den FC zu hassen. Das liegt nicht nur am Verein, es liegt auch an der Stadt, an der Selbstgefälligkeit der Kölner, am Karneval. Der 1. FC Köln ist eigentlich nur das Symbol, das diese hässliche Stadt verdient.

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Na, na, na, das klingt aber sehr verbittert. Wie haben Sie denn dann die erfolgreichen vergangenen Kölner Jahre erlebt?

Mit Gelassenheit. Es sind schon andere nach Europa gekommen und dann vor den Toren Wiens gescheitert (lacht). Kenne ich aus meiner eigenen Geschichte. Die Erfüllung, die man darin sieht, irgendwann nach Europa zu kommen, kann schnell verpuffen.

Hatten Sie gar keinen Respekt vor dem Kölner Erfolg?

Ich war eher erstaunt über den Kollaps. Ich dachte, dass Jörg Schmadtke und Peter Stöger es endlich mal geschafft haben, diesen unsteten Verein in Form zu bringen. Aber das war trügerisch. Der Kader ist kein Erstligakader, nur Timo Horn und Jonas Hector stechen hervor. Auch die Spielweise hat einen Europa-Platz nicht gerechtfertigt. Das war Zufall, und den Toren von Anthony Modeste zu verdanken. Und es wird viel Arbeit zu leisten sein, bis der FC wieder eine stabile Größe wird. Wenn er es jemals war.

Warum?

Man sieht, dass im Verein unheimlich viel nicht zu stimmen scheint. Zu behaupten, wie es das Präsidium nach der Entlassung von Stöger getan hat: Unser einziger Fehler war, nicht mitbekommen zu haben, dass die Verantwortlichen nicht mehr gut gearbeitet haben - das ist ein Hohn. Was hat denn ein Präsidium sonst zu tun?

Und wie um Salz in die Kölner Wunden zu streuen, coacht Peter Stöger inzwischen Borussia Dortmund im von oben bis unten schwarz-gelben Gewand.

Total lächerlich. Das spottet seinem ganzen Verhalten Hohn, dass er von einer auf die andere Sekunde sein komplettes Outfit inklusive Kappe und Brillengestell ändert und diese seltsame Leidenschaft, die er damit zelebriert, auf einen anderen Verein überträgt. Fänd ich als FC-Fan ärgerlich.

Also doch Empathie mit den Kölner Anhängern?

Ich finde es immer bei Traditionsmannschaften ärgerlich, wenn sie in ihrer Strategie hin- und herpendeln, weil mir die Zuschauer leidtun. Es gibt viele überzeugte FC-Fans, denen tut man damit keinen Gefallen. Ich kann den Sarkasmus nachvollziehen, den die Kölner aufbringen müssen, um die Katastrophe der Hinrunde zu erklären. Aber ich bin Gladbach-Fan. Und dazu zählt auch, dass man seinen Lokalrivalen nur bedingt schont. Auch am Sonntag nicht.

Werden Sie in Köln im Stadion sein?

Ja.

In einer Loge?

Ich bin ein paar Mal bei Stefan Raab gewesen, aber das war schwer erträglich, vor allem wenn wir gewinnen. Dann muss ich mich für jeden Biss in die Bratwurst rechtfertigen. Ich sitze bei den Fans.

Wie schauen Sie eigentlich Fußball? Brüllen Sie? Fluchen Sie? Pfeifen Sie die Spieler aus?

Ich schaue jedes Heimspiel in Gladbach im Stadion. Und da gibt es schon Szenen, die uns Fans bewegen.