Mit der Entscheidung ist der Verkauf an die IAG-Tochter Vuelig vorerst auf Eis gelegt. Niki dürfte Beschwerde einlegen
Wien/Berlin – Ein Berliner Gerichtsurteil bringt die Rettung der österreichischen Fluglinie Niki ins Wanken. Das Landgericht Berlin hat am Montag entschieden, dass die internationale Zuständigkeit nicht in Deutschland, sondern in Österreich liege. Der deutsche Insolvenzverwalter hatte zuvor vor diesem Szenario gewarnt. Der Verkauf an Vueling/IAG sei dadurch gefährdet.
Des Weiteren hat das Landgericht Berlin die Berufung beim deutschen Höchstgericht, dem Bundesgerichtshof (BGH), zugelassen. "Der heutige Beschluss hat damit noch keine Rechtskraft erlangt, sodass der vorgenannte Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg zunächst fortgilt", heißt es in der Aussendung des Landgerichts Berlin. Ein Sprecher des vorläufig bestellten Insolvenzverwalters Lucas Flöther erklärte gegenüber der APA, die Schuldnerin, die Niki Luftfahrt GmbH prüfe, ob sie Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegt. Laut der Aussendung des Gerichts beträgt die Beschwerdefrist ein Monat.
Als Gründe für die Entscheidung führt das Landgericht Berlin aus, dass Niki Büros auch in Wien unterhalte, unter anderem die Finanzbuchhaltung. Ebenso liege der Ort der zuständigen Aufsichtsbehörde in Wien, da die Schuldnerin über eine österreichische Betriebsgenehmigung verfüge und die Lufttüchtigkeit der Flugzeuge von dort aus überwacht werde. Zudem unterlägen die von der Schuldnerin geschlossenen Arbeitsverträge zu rund 80 Prozent dem österreichischen Arbeitsrecht.
Verkaufsverfahren auf Eis gelegt
So lange ist auch das Verkaufsverfahren gestoppt, weil das Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden kann. Wie DER STANDARD erfahren hat, plant Niki Beschwerde einzulegen. Mit dem Ergebnis aus Berlin hatten die Juristen der Airline nicht gerechnet.
Sollte Niki selbst jetzt nicht gegen die Entscheidung Beschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen, müsste das Verfahren in einigen Wochen in Österreich von vorne beginnen – der ausgehandelte Verkauf von Niki an den britisch-spanischen Luftfahrtkonzern IAG steht damit infrage. Sprecher von Niki und IAG wollten dazu nicht Stellung nehmen.
Flugrechteportal legte Beschwerde ein
Damit wurde eine Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg gekippt, das im Dezember das vorläufige Insolvenzverfahren in Berlin eröffnet hatte, weil Nikis Hauptgeschäft und Führung am Sitz des Mutterkonzerns angesiedelt seien. Das Flugrechteportal FairPlane aus Österreich hatte gegen den Insolvenzort Berlin Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt, das den Fall dem Landgericht vorlegte. Das Konkursverfahren müsse am Sitz von Niki in Wien abgewickelt werden, argumentierte Fairplane. Der Fluggastdienstleister versprach sich davon bessere Chancen, Kundenforderungen von mehr als 1,2 Millionen Euro durchsetzen zu können.
Fairplane hat in Korneuburg einen Antrag auf Insolvenzeröffnung eingebracht. Am Montag hat dazu eine Verhandlung stattgefunden. Fairplane erwartet nach eigenen Angaben eine zeitnahe Entscheidung des Gerichts und die Einsetzung eines Masseverwalters. "Wir begrüßen diese Entscheidung, denn getrennte Verfahren von Air Berlin in Deutschland und Niki in Österreich verhindern einen Interessenkonflikt des Masseverwalters und eine mögliche Verkleinerung der Masse von Niki – denn einer der größten Schuldner von Niki ist Air Berlin", teilte Fairplane-Geschäftsführer Andreas Sernetz in einer Aussendung mit.
Bis zu einer abschließenden Entscheidung könnte das Insolvenzverfahren in Berlin zwar weiter betrieben werden, sagte eine Berliner Gerichtssprecherin. Doch Flöther erklärte, das Verfahren werde angesichts der Entscheidung nicht eröffnet. Damit könnte der Verkauf von Niki an IAG nur zustande kommen, wenn der österreichische Konkursverwalter den von Flöther ausgehandelten Vertrag übernimmt.
FairPlane zeigt sich gelassen
FairPlane sieht jedoch keinen Anlass zur Sorge: "Ein Insolvenzverfahren in Österreich gefährdet den Deal mit IAG nicht. Sobald das Insolvenzverfahren für Niki in Österreich stattfindet, kann der Masseverwalter den in Berlin beschlossenen Deal mit IAG/Vueling ebenso bestätigen und die weitere Umsetzung verfolgen." Außerdem seien durch die Verlängerung der Frist durch den österreichischen Infrastrukturminister die Start- und Landerechte für die kommenden drei Monate gesichert.
Ob der Niki-Verkauf an IAG/Vueling nun gültig ist oder nicht, hängt davon ab, ob das Urteil des Landgerichts Berlin rechtskräftig wird oder wie die deutschen Höchstrichter im Falle einer Beschwerde entscheiden. Wenn das Niki-Insolvenzverfahren in die Zuständigkeit Österreichs fällt, ist das Landesgericht Korneuburg in Niederösterreich an der Reihe. (red, APA, Reuters, 8.1.2018)