"Hitlers eifrige Helfer" vom 14. Dezember:
Unter der Überschrift "Hitlers eifrige Helfer" wird das Buch "München im Nationalsozialismus", Band 4, "Imagepolitik der Hauptstadt der Bewegung" vorgestellt. Darin der Satz: "Den Münchnern wurde das Mitmachen leicht gemacht - und viele machten gerne mit."
Was heißt "viele"? Zehn von hundert, 50 von hundert, 80 von hundert? Darauf wird es nie eine exakte, belegte Antwort geben. Aber es gibt doch beachtliche Zeugnisse, die völlig falsche Annahmen verhindern. So floh der Parteivorstand der SPD 1933 nach Prag und später nach Paris. Eine besonders wichtige Aufgabe sah er darin, die weite Welt über die Zustände und die Entwicklung im Reich zu informieren. Diese Sopade-Berichte ("Sopade" nannte sich der Vorstand der Exil-SPD; d. Red.) sind äußerst aufschlussreich gerade auch mit Blick auf München. Da steht zu lesen, verfasst wohl von Waldemar von Knoeringen:
"Schon der Charakter der Bevölkerung stemmt sich dem Nationalsozialismus entgegen. In München haben einst die Nazis in einem Bierhausputsch gesiegt. Das war ein Rausch, den man bald überwand. München hatte danach seinen Faschismus überwunden. Siegen konnte er erst, als er sich auf den Norden des Reiches ausdehnte."
Wiederum speziell zu München wird festgestellt: "Das Volk in seiner Mehrheit steht gegen das Regime, das ist die Feststellung, die heute jeder ernste Beobachter in Deutschland machen muss. Es ist vorbei mit dem Glauben an die Wunderkraft Hitlers, es ist vorbei mit der Hoffnung auf Erlösung aus aller Not." Einige Jahre später: "Trotz aller Bemühungen, trotz der vielen repräsentativen Veranstaltungen, trotz der Sonderstellung, die München als Kunststadt genießt, kann man ruhig sagen: München ist keine nationalsozialistische Stadt und sie ist es auch nie gewesen. Der Nationalsozialismus hat seine Anziehungskraft eingebüßt. Der Münchner erträgt ihn wie eine unabänderliche Schickung des Himmels und sucht auf seine Art, sich herauszuwinden, wo er nur kann, ohne dabei mit den Gesetzen in Konflikt zu geraten. Reisende aus Berlin zum Beispiel haben schon oft festgestellt, dass man in München viel freier leben könne, weil schon die ganze Atmosphäre anders sei." Auch zahlreiche Opfer des Nationalsozialismus haben München mit Lob bedacht, wie dem Buch "München war anders!" (K. Löw) zu entnehmen ist.
Selbst dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels blieb die überwiegend abweisende Einstellung der Münchner Bevölkerung nicht verborgen. Auf das Gerücht hin, dass viele Münchner einen Auftritt Hitlers am 9. November 1943 - zwanzig Jahre nach dem Marsch zur Feldherrnhalle - aus Furcht vor einem Bombenangriff ablehnten, notierte Goebbels in sein Tagebuch: "Bei einer anderen Stadt in Deutschland wäre das gar nicht vorstellbar. [...]Die Stadt muss noch sehr viel lernen und noch sehr viel an Leistung vollbringen, wenn sie sich ihren Ehrentitel einer Stadt der Bewegung wirklich verdienen will." (Bezeichnend ist, dass Goebbels München nicht mehr "Hauptstadt der Bewegung" nennt, sondern nur noch von "einer Stadt der Bewegung" spricht.)
Die Münchner haben ihre braune Stadtverwaltung nie gewählt! Der Jude Bruno Kirschner brachte es auf den Punkt: "An der Liebe zu München können auch die Schandtaten der Bestien, die die Stadt mehr als zwölf Jahre lang vergewaltigen konnten, nichts ändern." Hans Schwanzl, Riemerling