- Die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD hängen auch von persönlichen Faktoren hab.
- Einige der Akteure kennen und schätzen sich seit Jahren, andere müssen sich erst kennenlernen.
- Manche Teilnehmer an den Gesprächen hätten durchaus auch ein Interesse, die Verhandlungen zu stören.
Es ist nicht zu erwarten, dass Annegret Kramp-Karrenbauer und Anke Rehlinger am Ende das alles entscheidende Gespräch führen, mit dem der Weg in eine neue Regierung geebnet wird. Aber der Austausch der zwei Damen zwischendurch könnte durchaus hilfreich sein in den Sondierungen von Union und SPD und später in möglichen Koalitionsverhandlungen. Mal eine SMS, mal ein Telefonat, ein Gespräch am Rande. Nützliche Erläuterungen könnten da übermittelt werden, zum Beispiel: "Der Schulz kann das nicht akzeptieren, weil ihm sonst wieder die Hessen-SPD aufs Dach steigt." Oder beschwichtigende Interpretationen: "Die Merkel hat das nicht so gemeint, als sie gesagt hat, ihr sollt jetzt zu Potte kommen."
Kramp-Karrenbauer, 55, und Rehlinger, 41, stehen im Saarland für das Gegenteil dessen, was sich seit der Bundestagswahl in Berlin abspielt. Die Ministerpräsidentin von der CDU und ihre Wirtschaftsministerin von der SPD haben sieben Wochen gebraucht, um sich nach einem Wahlkampf, den sie aus einer gemeinsamen Regierung heraus gegeneinander geführt hatten, wieder auf einen neuen Vertrag für eine große Koalition zu einigen. Ganz reibungsfrei lief das natürlich nicht. Aber man duzt sich, kennt sich, weiß sich einzuschätzen.
Das engste Vertrauensverhältnis besteht zwischen Merkel und Kauder
Was im Kleinen funktioniert, könnte auch im Großen nützlich sein, denn in Berlin dauert die Suche nach einer neuen Regierung schon doppelt so lang - und ein Ende ist noch nicht absehbar. Jeweils 13 Leute haben CDU, CSU und SPD für die Sondierungen nominiert. Sechs aus 39 bilden die Kerntruppe. Die Parteichefs Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz, die beiden Fraktionschefs Volker Kauder und Andrea Nahles sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Aber daneben gibt es noch manche Zweierbeziehung, die das Geschehen unterstützen kann.
Zähflüssig in Berlin
Oder blockieren. Unter den großen Sechs kennen sich die meisten gut, einige vielleicht zu gut, wenn man an Merkel und Seehofer denkt. Schulz ist der Berliner Neuling, hatte zu seinen Brüsseler Zeiten schon viel mit der Kanzlerin zu tun, muss sich aber an Seehofer, Dobrindt und Kauder noch gewöhnen - und umgekehrt. Das engste Vertrauensverhältnis besteht zwischen Merkel und Kauder, auch weil sie gegenseitig keine Konkurrenz befürchten müssen. Zwischen Nahles und Schulz funktioniert es, seit die Macht in der SPD aufgeteilt wurde. Und was Dobrindt betrifft, behauptet Seehofer zumindest, das Verhältnis sei eng und loyal.
Ein vertrautes Gesicht fehlt am Verhandlungstisch
Angela Merkel ist, getreu ihrem Motto "Es kommt, wie es kommt", in persönlichen Fragen wenig wählerisch. Schulz hat sein derzeit schwierigstes Personalproblem erst mal vertagt, indem er Sigmar Gabriel nicht ins Sondierungsteam berief. Lieber als einen Bundesminister, der immerhin acht Jahre mit der Union regiert hat, wollte der SPD-Chef in Rehlinger und dem Niedersachsen Stephan Weil zwei Landespolitiker, die 2017 Koalitionen mit der CDU ausgehandelt haben. So die offizielle Version, die nicht überzeugend genug ist, Spekulationen über den Stand der Freundschaft der beiden Herren zu verhindern.
Den Vizekanzler vermissen dürfte - neben Merkel, die ihn aber wenigstens im Kabinett noch trifft - vor allem Seehofer. Mit Gabriel hatte er schon in der ersten Regierung Merkels von 2005 an Witzchen am Kabinettstisch gerissen, was die Verhandlungen zur großen Koalition 2013 erleichterte. Seehofer kennt von den Sozialdemokraten aus föderalen Verhandlungen zwar die Ministerpräsidenten Malu Dreyer, Stephan Weil, Olaf Scholz und inzwischen auch Manuela Schwesig. So lieb wie seinen grünen Kollegen Winfried Kretschmann aus Stuttgart hat er von denen aber keinen.