Iran Zehn Tote bei Protesten in Iran

Eine Studentin nach einem Tränengas-Angriff auf dem Gelände der Universität in Teheran.

(Foto: dpa)

Bei den landesweiten Protesten gegen die iranische Regierung wurden seit Donnerstag zehn Menschen getötet. Das berichtete das Staatsfernsehen am Montag, ohne Einzelheiten zu nennen. Bisher hatten die Behörden vier Todesopfer bestätigt.

Seit Donnerstag demonstrieren Iraner in mehreren Städten. Die Proteste sind die größten seit der gewaltsam unterdrückten Bewegung gegen die Wiederwahl des damaligen ultrakonservativen Präsidenten Ahmadinedschad 2009.

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Nach Angaben des Gouverneursamts in Teheran wurden am Samstag etwa 200 Demonstranten in der Hauptstadt festgenommen, einige von ihnen aber wieder freigelassen. In der Stadt Arak, südlich der Hauptstadt Teheran, wurden Medienberichten zufolge rund 100 Demonstranten in Gewahrsam genommen. Der Gouverneur Araks, Ali Aghasadeh, sagte dem Nachrichtenportal Aftabnews, dass bei den Ausschreitungen am Samstag auch zwölf Polizisten verletzt worden seien. Landesweit gab es Berichte über weitere Festnahmen von Demonstranten.

Irans Präsident Hassan Rohani hat sich am Sonntag zum ersten Mal zu den Unruhen geäußert. "Wir haben eure Probleme gehört", sagte Rohani an die Demonstranten gerichtet. "Raum für Kritik" sei "das Recht des Volkes", sagte der Präsident dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zufolge bei einer Kabinettssitzung am Sonntag. Er betonte das Recht der Menschen auf Meinungsfreiheit, ergänzte aber, Ausschreitungen könnten die Sicherheit des Landes gefährden.

Die Kundgebungen richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch. Heftige Kritik gibt es vor allem an der iranischen Nahostpolitik. Israel wirft Iran vor, mit Waffenlieferungen in den Gazastreifen zu einer Eskalierung des Konflikts mit militanten Palästinensern beizutragen.

US-Präsident Donald Trump kommentierte auf Twitter, die Menschen in Iran würden endlich begreifen, "wie ihr Geld und ihr Wohlstand gestohlen und für Terrorismus verschwendet wird".

Später ergänzte Trump, Teheran habe das Internet gesperrt, "damit friedliche Demonstranten nicht kommunizieren können. Nicht gut!"

In einer Stellungnahme betonte die US-Regierung in der Silvesternacht das Recht des iranischen Volkes auf friedliche Meinungsäußerung. "Wir ermutigen alle Parteien, dieses fundamentale Recht auf friedliche Meinungsäußerung zu respektieren und jegliche Aktionen zu vermeiden, die zu Zensur beitragen", heißt es in dem Statement.

Viele Iraner hatten in den vergangenen Tagen keinen Zugang zum Internet. Das Innenministerium bestätigte, dass aus Sicherheitsgründen vorläufig das Internet beschränkt werde. Telegram-Chef Pavel Durov teilte am Sonntag auf Twitter mit, dass die iranische Regierung für die meisten Bürger des Landes den Zugriff auf seinen Messenger-Dienst gesperrt hat. Viele Iraner nutzen Telegram, um Videos und Nachrichten zu den Protesten auszutauschen. Am Montag soll das Internet wieder normal funktioniert haben.

Rohani kritisierte die Tweets des US-Präsidenten und bezeichnete ihn als Heuchler. "Dieser Herr in den USA, der sich jetzt besorgt um das iranische Volk zeigt, hat vor Kurzem das gleiche Volk als Terroristen bezeichnet", sagte Rohani. Jemand, "der von Kopf bis Fuß" gegen Iran sei, solle nun nicht den Besorgten vorheucheln.

Die Beziehungen zwischen Washington und Teheran haben sich in den vergangenen Monaten verschlechtert. US-Präsident Trump wirft der Islamischen Republik Terrorfinanzierung vor. Er weigerte sich vor zwei Monaten, dem Land zu bescheinigen, dass es das Atomabkommen von 2015 umsetzt. Das Abkommen war Ergebnis langer Verhandlungen gewesen und wird den Experten der Internationalen Atomenergiebehörde zufolge von Iran durchaus eingehalten.

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