Demonstrationen für und gegen Irans Regierung

30. Dezember 2017, 17:17

Proteste gegen Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung – Demonstranten verlangen Freilassung politischer Gefangener – USA unterstützen Proteste

Teheran – Im Iran ist es am Samstag erneut zu regimekritischen Protesten gekommen – diesmal sogar in der Hauptstadt Teheran. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars riefen Dutzende Demonstranten vor der Teheraner Universität "Tod den Taliban" und verglichen damit das iranische Establishment mit den radikalen Islamisten in Afghanistan. Von den jüngsten Protesten gab es auch Videos in sozialen Netzwerken.

Das iranische Innenministerium warnte vor einer Teilnahme an "illegalen" Protesten. "Diese Versammlungen sind illegal und wir fordern die Menschen auf nicht daran teilzunehmen", sagte Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli am Samstag. Sonst könnte es "problematische Konsequenzen" geben, warnte der Minister nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna. Schon zuvor waren Dutzende Demonstranten festgenommen worden.

Rouhani schweigt

Nach Augenzeugenberichten wurden in mehreren Teilen der Hauptstadt Teheran Sondereinheiten der Polizei stationiert. Besonders stark soll ihre Präsenz in der Nähe der Teheraner Universität in der Stadtmitte sein. Von Präsident Hassan Rouhani, der sich stets gegenüber Kritik offen gezeigt hatte, gab es zunächst keine Reaktion.

Vordergründig richten sich die Proteste gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung von Präsident Hassan Rouhani. Auf Videos in sozialen Netzwerken waren aber auch Demonstranten zu sehen, die politische Slogans gegen den regierenden Klerus skandierten und riefen: "Mullahs schämt Euch, lasst unser Land in Ruhe".

In Mashhad, der zweitgrößten Stadt des Landes, kam es am Freitag zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Rund 50 Demonstranten wurden festgenommen. "Die USA verurteilen entschieden die Festnahme von friedlichen Demonstranten", hieß es dazu aus dem US-Außenministerium.

Gleichzeitig gab es in Teheran und anderen Städten staatlich organisierte Demonstrationen gegen die regimekritischen Versammlungen, an denen Medienangaben zufolge landesweit Tausende teilnahmen. Über die regimekritischen Versammlungen gab es in den Medien kaum Berichte, dafür aber in den sozialen Medien.

Gerüchten zufolge sagte Präsident Hassan Rouhani wegen der Proteste ein für Freitag geplantes Treffen mit dem Parlamentspräsidenten sowie dem Justizchef ab. Auch von einer Krisensitzung des Kabinetts unter Rouhanis Leitung war die Rede.

US-Regierung verurteilt Festnahmen

Die USA haben die Länder der Welt zur Unterstützung der Proteste im Iran aufgerufen. "Wir rufen alle Nationen dazu auf, das iranische Volk und seine Forderungen nach Grundrechten und einem Ende der Korruption öffentlich zu unterstützen", teilte das US-Außenministerium in der Nacht auf Samstag mit. US-Präsident Donald Trump warnte die Führung in Teheran auf Twitter: "Die Welt schaut hin".

"Die USA verurteilen entschieden die Festnahme von friedlichen Demonstranten", hieß es aus dem Außenministerium in Washington weiter. "Irans Führer haben ein wohlhabendes Land mit einer reichen Geschichte und Kultur in einen wirtschaftlich verdorrten Schurkenstaat verwandelt, dessen Hauptexporte Gewalt, Blutvergießen und Chaos sind." Präsident Trump meinte auf Twitter außerdem, dass viele iranische Bürger genug hätten von "der Korruption des Regimes und seiner Verschwendung des Reichtums der Nation zur Terrorfinanzierung im Ausland".

Die Regierung in Teheran verurteilte die US-Unterstützung für die Proteste scharf. "Das iranische Volk wird diese wertlosen und opportunistischen Bemerkungen der Amerikaner nicht beachten", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi.

Im Iran gebe es demokratische Kanäle, über die das Volk legitime Forderungen erheben könne, fügte der Sprecher hinzu. Das Innenministerium sei bereit, Anträge auf friedliche Demonstrationen zu überprüfen, sagte Minister Fazli.

Kritik an Nahostpolitik

Laut Augenzeugen kritisierten die Demonstranten auch Rouhanis Nahostpolitik, die immer wieder zu internationalen Sanktionen gegen den Iran führe. Mit dem Slogan "Nicht Gaza, nicht Syrien, nicht Libanon, wir opfern uns nur für den Iran", forderten die Demonstranten mehr Aufmerksamkeit für ihr eigenes Land. Weiterhin riefen sie "Wir sind Arier, keine Araber" und "Statt Lösungen für Syrien Lösungen fürs eigene Land".

Die Kritik an der iranischen Nahostpolitik wird im Land immer lauter. Die Regierung habe mit ihrer übertriebenen Anti-Israel Politik und der Unterstützung Palästinas, Syriens und des Libanons die nationalen Interessen des eigenen Landes untergraben und das Leben der Menschen erschwert, so die Kritiker. (APA, dpa, 29.12.2017)