Flüchtlinge in den USA Geflüchtet, aufgenommen - willkommen?

Musaab Al-Khayatt ist aus dem Irak nach Amarillo geflüchtet.

(Foto: Beate Wild)

Was bedeuten die USA für Flüchtlinge in Zeiten von Präsident Donald Trump: Paradies oder Albtraum?

Von Johannes Kuhn und Beate Wild, Amarillo

"Schalalalalalala", sang einst der britische Schlagerstar Tony Christie, "Amarillo waits for me". Bis auf das Schalala war das eine Lüge: Amarillo - 580 Kilometer nördlich von Dallas und ziemlich nah am Nirgendwo - wartet auf niemanden. Zu den regelmäßigen Besuchern gehören eine unerträgliche Sommerhitze, knochige Winterkälte und die ständigen Windböen, die der Stadt und ihren 200 000 Einwohnern zusetzen.

Dass man hier im kargen Norden von Texas auf Flüchtlinge gewartet hätte, wäre ebenfalls übertrieben: Sie wurden irgendwann hergeschickt. Als in den Siebzigern Saigon fiel, kamen die Vietnamesen. Später dann Kambodschaner, Somalier, Burmesen, Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und aus Ostafrika. Alleine seit 2002 kamen Berechnungen zufolge mehr als 4000 anerkannte Flüchtlinge, hinzu kommen all jene Einwanderer, die zunächst in anderen US-Städten lebten, jetzt aber ebenfalls in Amarillo wohnen.

Lange war das alles kein großes Thema. Doch seitdem in den USA Einwanderung ein Reizthema ist, wird eine Frage immer lauter diskutiert: Funktioniert das hier mit der Integration?

Musaab Al-Khayatts Antwort auf diese Frage ist auf seinem Smartphone zu finden: Stolz zeigt er die üppige Lichter-Dekoration seines Hauses. Die strahlt so bunt wie in den amerikanischen Weihnachtsfilmen, und das ist auch ein bisschen Sinn der Sache. "Wir sind Muslime, aber ich feiere mit meiner Familie Weihnachten", erzählt der 42-Jährige stolz.

Al-Khayatt kam 2008 nach Amarillo, als ehemaliger Übersetzer für das amerikanische Militär im Irak erhielt er Flüchtlingsstatus. Er hatte Todesdrohungen erhalten und war damit noch besser dran als einige seiner Freunde, die ebenfalls im Dienste der US-Regierung standen und dann gekidnappt oder ermordet wurden. Wer während des Irak-Kriegs für die Amerikaner arbeitete, hatte mehr Feinde als Freunde.

Hat sich die Stimmung gegenüber Muslimen verändert?

Von Amarillo hatte er zuvor noch nie etwas gehört, was ihn wahrscheinlich mit vielen eingesessenen Amerikanern verbindet. Al-Khayatt kam als "freier Fall", also ohne Verwandte oder Anlaufstelle in die USA. "Ich habe viel mehr amerikanische Freunde als welche, die aus dem Irak kommen", erzählt er heute. Inzwischen arbeitet er für die Non-Profit-Organisation "Refugee Service" und betreut seinerseits Flüchtlinge.

Einer Pew-Umfrage zufolge glaubt inzwischen jeder vierte US-Bürger, dass die Mehrheit der amerikanischen Muslime "anti-amerikanisch" ist.

Ob er eine Veränderung der Stimmung bemerkt? Al-Khayatt weicht dieser Frage wiederholt aus und bemüht sich, nichts Schlechtes zu sagen. Dass der US-Präsident Tage zuvor ein anti-islamisches Video via Twitter verbreitet hat? "Das meint er nicht so, wahrscheinlich redet er über die schlechten Muslime", sagt Al-Khayatt. "Die Isis-Terroristen gehören nicht zum Islam."

Er und seine Frau sind jetzt amerikanische Staatsbürger und wenn der "Travel Ban" gegen vorwiegend muslimische Länder ihn und seine Familie schütze, sei das auch in seinem Sinne. Seine Ehefrau habe noch Familie in Bagdad, es sei nicht einfach für sie, aber das sei ein anderes Thema. Am Ende zeigt er noch stolz einige Smartphone-Fotos seiner sieben- und elfjährigen Töchter: Eine hatte sich an Halloween als Soldatin verkleidet, die andere als Polizistin.