Ski alpin Die Mauer zur Weltspitze eingerissen

Josef Ferstl, der Sieger im Super-G.

(Foto: Getty Images)
Von Johannes Knuth, Gröden

Zu den Bürgerpflichten eines Siegers im alpinen Skiweltcup zählt auch die Audienz im Pressezentrum, und wenn ein Fahrer zum ersten Mal ein Rennen auf seine Seite zerrt wie Josef Ferstl am Freitag in Gröden, wird dessen Vita schon mal genauer ausgeleuchtet. Ferstl erstattete also geduldig Auskunft über Wohnort (Waging), Familienstand (verheiratet, zwei Kinder, Hausbesitzer), und dass Sepp Ferstl, sein Vater und 1978 und 1979 Sieger auf der mythenumwehten Streif in Kitzbühel, heute ein Tiefbauunternehmen betreibe. "Baggerfahren kann ich, einen LKW-Führerschein hab' ich auch", sagte Ferstl, "in der Richtung bin ich schon ein bisschen begabt." Ansonsten sei er im Familienbetrieb ein bisschen außen vor, "wegen dem Skifahren halt".

Und damit wieder zum Skisport, der schon viele Sieger gesehen hat, aber noch keinen wie am Freitag in Gröden.

Seit 50 Jahren fahren sie in Gröden Weltcuprennen, kaum eine Piste bot in der Vergangenheit derart launische Verläufe - vor allem dank des 3200 Meter hohen Langkofels, der die Piste mal vor der Sonne schützte, mal nicht, und so immer wieder Schnee, Thermik und Ergebnisse durcheinanderwarf. Die Deutschen trauten der Sache am Freitag lange also nicht, ehe Alpindirektor Wolfgang Maier das Ereignis irgendwann als "historisch" klassifizierte. Es war ja nicht nur Ferstls erster Sieg, es war auch der erste für die deutschen Schnellfahrer, seit Max Rauffer 2004 die Abfahrt in Gröden gewann. Ihr letzter Erfolg im etwas kurvigeren Super-G liegt sogar knapp 27 Jahre zurück, Markus Wasmeier gewann damals in Lake Louise.

27 Jahre?

Felix Neureuther startet nicht bei Olympia

Trotz eines Kreuzbandrisses hatte der Skirennfahrer überlegt, bei den Winterspielen anzutreten. Nach einer Operation am Freitag wird er aber monatelang ausfallen. mehr ...

"Irgendwann", hatte Ferstl am Tag vor seinem Sieg im Teamhotel gesagt, werde es bei ihm mal "rumms" machen, vielleicht in zwei Wochen, vielleicht in zwei Jahren. Aber dass er schon in Gröden auf die höchste Stelle des Podiums klettern würde? Er war zuletzt in Lake Louise unglücklich aus dem Skischuh gerutscht, hatte die Narbe seiner alten Kreuzbandverletzung aufgerissen, in Gröden fuhr er mit Schmerzdämmern. Und seine Fahrt, mit Startnummer zwei, war gut, aber nicht die beste, das dachten sie zumindest im Ziel.

Ferstl hatte vor der eisigen Ciaslatwiese gebremst, die Favoriten wie Jansrud fuhren schneller hinein, doch dann trieb es den Norweger von der Linie, wie viele andere. Ferstl konservierte sein geringeres Tempo am besten, die Österreicher Max Franz (0,02 Sekunden zurück) und Matthias Mayer (0,10) rüttelten noch am heftigsten an seiner Zeit, auch Andreas Sander als Sechster (0,20). Ferstl hatte auch etwas Glück, dass sich nach seiner Fahrt Nebel und Schnee auf die Strecke legten, aber das schmälerte seinen Sieg kaum. Und so war dieser auch ein Erfolg für die Sparte der deutschen Speed-Fahrer, die vor vier Jahren so schlecht waren, dass sie im Deutschen Skiverband vor einer ungewissen Zukunft standen. "Es war", sagte Ferstl, "echt ein harter Weg."

Kommt das alles nicht fast zu früh?

Der deutsche Wintersport erlebt in der Olympia-Saison einen unerwarteten Aufschwung. Während sich die Biathleten langsam steigern, profitieren die Skifahrer und -springer schon von ihrer Frühform. Kommentar von Johannes Knuth mehr...