Die Flügel mancher Windräder erreichen schon heute die Spannweite eines Airbus A380. Und sie wachsen weiter.
Wer mitten im Meer Windstrom erzeugen will, hat einige echte Herausforderungen zu meistern. Die riesigen Rotoren müssen mit viel Aufwand auf hohe See transportiert und dann in mehreren Dutzend Metern Tiefe sicher am Meeresgrund verankert werden. Da die salzige Luft der teuren Technik kräftig zusetzt, geht es nicht ohne eine sorgfältige Wartung. Für all diese Mühen haben die Betreiber lange eine üppige Förderung bekommen. Aber das soll sich gründlich ändern. Die Betreiber mehrerer geplanter Windparks in der Nordsee wollen in Zukunft ganz ohne Subventionen auskommen. Ihnen reichen die Erlöse durch den Verkauf des Stroms an der Börse, heute sind das wenige Cent pro Kilowattstunde. Der Preisverfall in der Windkraft ist spektakulär, und dahinter steht vor allem eine technische Neuerung: Die Anlagen werden immer größer.
Die Branche ist zur Bescheidenheit gezwungen, weil Windkraftprojekte seit diesem Jahr ausgeschrieben werden. Der Bieter, der die geringste Förderung verlangt, setzt sich durch. In der ersten Runde waren das die Energieversorger EnBW sowie Dong/Ørsted aus Dänemark; bei drei ihrer vier Offshore-Kraftwerke verzichten sie ganz auf Subventionen. Als die Bundesnetzagentur dieses Ausschreibungsergebnis im vergangenen Frühjahr bekannt gab, war das Erstaunen darüber groß.
Zwar dürften auch strategische Erwägungen ein Grund für die Zurückhaltung der Anbieter sein: "Wenn man im Offshore-Geschäft erfolgreich sein will, braucht man kontinuierlich Projekte, etwa um die Lieferketten aufrechtzuerhalten", sagt Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). Zudem gehen die Unternehmen davon aus, dass der Preis an der Strombörse steigen und die Logistik für die Errichtung der Anlagen effizienter wird. Vor allem aber setzen die Bieter auf die Weiterentwicklung der Anlagentechnik. Sie haben einen Spielraum von mehreren Jahren, um die Windparks auf See zu bauen - genug Zeit für die Hersteller der Anlagen, die Kosten so weit zu senken, dass die Windpark-Betreiber auch mit deutlich geringerer oder gar ganz ohne Förderung Geld verdienen können.
Inseln im Wind
Dabei konzentrieren sich die Hersteller in erster Linie darauf, Größe und Leistung der Windräder zu steigern. "Während neue Offshore-Anlagen heute einen Rotordurchmesser von maximal 150 Metern und eine Leistung von etwa sechs Megawatt haben, werden wir in einigen Jahren Durchmesser von bis zu 200 Metern und eine Leistung von zehn Megawatt sehen", sagt Reuter. In der Folge sinken die Kosten pro Kilowattstunde, weil größere Anlagen deutlich mehr Strom bei nur moderat steigendem Aufwand für Logistik, Installation und Betrieb liefern.
Eine Strategie, die genauso die Entwicklung der Windenergie an Land prägt. "Auch die Hersteller von Onshore-Anlagen arbeiten an immer größeren Rotoren", sagt Reuter. Bereits heute bieten Unternehmen für windschwache Standorte Anlagen mit einem Durchmesser von 150 Metern und mehr an. Die Länge der einzelnen Flügel, Rotorblätter genannt, entspricht etwa der Spannweite eines Airbus A380.
Bei den Anwohnern dürfte das stete Wachstum der Windräder nicht gerade auf Begeisterung stoßen. Der Bau neuer Anlagen ist ohnehin schon vielerorts sehr umstritten. "Je größer eine Anlage ist, desto stärker prägt sie natürlich das Landschaftsbild", sagt Po-Wen Cheng, Inhaber des Lehrstuhls für Windenergie der Universität Stuttgart. Die Anlagen haben nur dann eine Chance, realisiert zu werden, wenn sie von den Menschen in der Region angenommen werden.