Einigung zwischen ÖVP und FPÖ: Interessenvertretungen soll Geld gestrichen werden
Wien – Die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ haben am Wochenende offenbar auch das umstrittene Kapitel Pflichtmitgliedschaft in den Kammern abgehakt. Demnach dürfte die Kammerpflicht bleiben, dafür sollen die Mittel gekürzt werden, mit denen die Interessenvertretungen ihre Aktivitäten finanzieren. Details waren vorerst nicht bekannt, eine offizielle Bestätigung gab es ebenfalls nicht.
Gescheiterter Versuch unter Schwarz-Blau I
Die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft ist vor allem ein Wunsch der Freiheitlichen. Bis zuletzt war auch noch im Raum gestanden, entweder ein allgemeines Referendum zu dieser Frage durchzuführen oder zumindest die jeweiligen Mitglieder abstimmen zu lassen. Das dürfte nun nicht stattfinden.
Stattdessen sollen die jeweiligen Mitglieder nun finanziell entlastet werden, was auf der anderen Seite die Kammern zu Einsparungen nötigen würde. Schon Schwarz-Blau I hatte versucht, die von den Pflichtmitgliedern bezahlte Kammerumlage zu senken, bei der Arbeiterkammer von 0,5 auf 0,3 Prozent. Damals war das Vorhaben am Widerstand der Wirtschaftsbund-Abgeordneten gescheitert.
Arbeiterkammer warnt
Die geplante Kürzung sei schlimm genug, reagierte Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske: "Wer das tut, nimmt bewusst in Kauf, dass ein gut funktionierendes Beratungsnetz für die Beschäftigten aus Kostengründen ausgedünnt werden muss. Und das in Zeiten, in denen der Wind immer rauer weht in der Arbeitswelt." Kaske verweist darauf, dass die Arbeiterkammer-Umlage im Schnitt sieben Euro netto im Monat ausmache: "Das sind gerade einmal zwei Melange."
Ein "Nicht genügend" bekommt die türkis-blaue Kammernvereinbarung von Neos-Chef Matthias Strolz, der die Pflichtmitgliedschaft seit langem streichen will. Er habe "null Verständnis, dass Strache in die Knie gegangen ist": ÖVP-Chef Sebastian Kurz habe offensichtlich den Kammerfunktionären nachgegeben, "von denen es hieß, dass er ihnen kräftig einheizen wird".
Mit den Worten "aber irgendwoher muss Geld kommen" deponierte Strolz den Verdacht, dass die den Zwangsmitgliedern "abgepressten" Kammermittel über "verschiedene Kanäle" letztlich bei den Parteien landen.
Abschluss am Wochenende angepeilt
Die Regierungsverhandlungen gehen am Dienstag auf Spitzenebene weiter. Angesetzt ist ein Vieraugengespräch zwischen ÖVP-Chef Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Zusätzlich wird in unterschiedlicher Konstellation weiterverhandelt. Unverändert ist das Ziel, bis zum Wochenende eine Einigung zu erreichen. Sollte das gelingen, sollen die Parteigremien von ÖVP und FPÖ das Ergebnis bereits am Samstag absegnen. (APA, 12.12.2017)