- Im oberösterreichischen Bad Kreuzen ist ein Wolf gesichtet worden.
- Er verhält sich sehr untypisch - daher wird vermutet, dass es sich um eines der entlaufenen Tiere aus dem Bayerischen Wald handelt.
- Der Wolf soll nun eingefangen werden.
Sanftes Hügelland, weitläufige Wälder, saftige Wiesen: Bad Kreuzen ist eine idyllische Gemeinde im unteren Mühlviertel östlich von Linz. Vor allem aber ist die oberösterreichische 2300-Einwohner-Gemeinde als Kneipp-Ort bekannt. Die Marienschwestern vom Karmel, die sich der Fürsorge für Bedürftige widmen, haben hier ein "Zentrum für traditionelle europäische Medizin" etabliert, in dem jedes Jahr Hunderte Gäste und Patienten Kraft schöpfen.
In diesen Tagen herrscht eine gewisse Unruhe in Bad Kreuzen. "Seit es sich herumgesprochen hat, dass hier ein Wolf unterwegs ist, ist das Thema im Ort", sagt der österreichische Wolfs- und Bärenexperte Georg Rauer. "Viele machen sich Sorgen, wie sich das weiterentwickelt."
Angst vorm bösen Wolf?
Es ist nicht irgendein Wolf, der da nach Bad Kreuzen zugewandert ist. Es ist höchstwahrscheinlich einer der Wölfe, die Unbekannte vor zwei Monaten aus dem Wolfsgehege im Nationalpark Bayerischer Wald freigelassen haben. Insgesamt waren es sechs Raubtiere, die aus dem Gehege entwichen sind, nachdem jemand das Schloss an der Zugangstür geöffnet hatte. Eines wurde kurz nach seinem Entwischen von einem Zug erfasst, zwei wurden abgeschossen, ein Weibchen fingen die Nationalparkleute Mitte Oktober ein und brachten es ins Gehege zurück.
Nur von den beiden letzten Wölfen fehlte seit Wochen jede Spur, sodass im Bayerischen Wald schon Spekulationen kursierten, sie seien einem Wilderer zum Opfer gefallen oder eingegangen, weil der Winter für die nicht an ein Leben in Freiheit gewöhnten Tiere zu hart ist.
Nun also gibt es doch wieder Lebenszeichen. "Der Wolf ist in der zweiten November-Hälfte in Bad Kreuzen aufgetaucht", berichtet Rauer, "und mit seinem ungewöhnlichen Verhalten sofort aufgefallen." Das Raubtier marschierte am helllichten Tag ohne Scheu auf einen Bauernhof zu und riss dort einen Hahn. Mit der Beute im Maul stapfte er in aller Seelenruhe auf eine nahe Wiese und verspeiste sie dort. Dabei zeigte der Wolf keine Scheu vor Menschen und ließ sich nicht vertreiben. Angeblich beschnupperte er noch eine Katze, bevor er von dannen zog. Seither wird der Wolf immer wieder in der Umgebung von Bad Kreuzen gesichtet.
"Dieses Verhalten ist völlig untypisch, es hat gleich gezeigt, dass es sich nicht um einen wild lebenden Wolf handeln kann", sagt Rauer. Denn wilde Wölfe sind in aller Regel nur nächtens unterwegs. Außerdem sind sie extrem scheu und meiden Siedlungen und Menschen, sodass man sie praktisch nicht zu Gesicht bekommt. "Uns war von Anbeginn an klar, dass wir was tun müssen", sagt Rauer.