Katalonien-Krise Spanien zieht europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont zurück

"Puigdemont ist unser Präsident" heißt es auf einem Plakat bei einer Wahlkampfauftritt des Bündnisses Junts per Catalunya, dessen Spitzenkandidat er ist.

(Foto: AP)

Das Oberste Gericht Spaniens hat den europäischen Haftbefehl gegen den entmachteten katalonischen Regierungschef Carles Puigdemont aufgehoben. Die Entscheidung gilt ebenso für vier seiner früheren Kabinettsmitglieder, die sich wie Puigdemont nach Belgien abgesetzt hatten.

Zur Begründung teilte das Gericht spanischen Medien zufolge mit, dass die fünf Politiker durch ihre Absicht, sich als Kandidaten an der Wahl in Katalonien am 21. Dezember zu beteiligen, ihre Bereitschaft gezeigt hätten, nach Spanien zurückzukehren. Außerdem werde mit der Entscheidung verhindert, dass sich mehrere europäische Gerichte mit der Angelegenheit befassen. Die nationalen Haftbefehle auf spanischer Ebene sollten bestehen bleiben. ​

Gegen die fünf Katalanen wird wegen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Mittel ermittelt. Auslöser war die von der spanischen Justiz als verfassungswidrig eingestufte Unabhängigkeitserklärung im katalanischen Parlament Ende Oktober. Die Vorwürfe könnten jahrzehntelange Haftstrafen zur Folge haben.

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Die spanische Zentralregierung hatte die Regionalregierung in Barcelona nach der Unabhängigkeitserklärung entmachtet. Puigdemont und seine Mitstreiter hatten sich daraufhin nach Belgien abgesetzt. Ende Oktober war gegen die entmachteten Politiker ein spanischer, wenige Tage später auch ein europäischer Haftbefehl erlassen worden.

Puigdemont führt die Kampagne seines Bündnisses Junts per Catalunya (gemeinsam für Katalonien), bei der Regionalwahl am 21. Dezember an. Auch die anderen Politiker kandidieren bei der Wahl. Ob sie dafür allerdings tatsächlich nach Spanien einreisen müssen, wie es das Oberste Gericht in seiner Begründung für die Rücknahme des europäischen Haftbefehls anführt, ist unter Juristen umstritten.

Heikler Anklagepunkt "Rebellion"

Beobachter halten es auch für möglich, dass die spanischen Behörden den europäischen Haftbefehl zurückgezogen haben, weil sie befürchten mussten, dass die belgische Justiz ihrem Auslieferungsersuchen nicht stattgeben wird. Die spanische Justiz stünde dann quasi blamiert da - die Aufrechterhaltung des spanischen Haftbefehls wäre womöglich schwierig.

Umstritten ist demnach vor allem, ob der Hauptanklagepunkt der "Rebellion" Bestand gehabt hätte. Im spanischen Strafrecht ist dieser mit gewaltsamen Aktionen und einem Aufruf zur Gewalt definiert, was den fünf Politikern wohl nicht nachgewiesen werden kann.

Die belgischen Justizbehörden hatten am Montag mitgeteilt, dass sie am 14. Dezember darüber entscheiden wollten, ob die fünf Politiker an Spanien ausgeliefert werden. Diese Entscheidung müssen sie nun nicht mehr treffen.