Die VSStÖ-Vorsitzende Katharina Embacher erwartet Gebühren von "500 Euro und mehr" pro Semester unter Türkis-Blau
Wien – Vor einer Wiedereinführung der allgemeinen Studiengebühren warnte der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) am Montag bei einer Protestaktion an der Universität Wien. Diesmal könnte der pro Semester eingehobene Betrag bei "500 Euro und mehr" liegen, sagte VSStÖ-Vorsitzende Katharina Embacher (siehe Video).
Ob eine türkis-blaue Regierung Studiengebühren einführen will, ist bisher nicht bekannt. Die sozialistischen Studierenden sind allerdings besorgt, weil die FPÖ laut "Kurier" ihre Ablehnung von Studiengebühren aufweicht. Man sei bei dem Thema "flexibel", ließen die Freiheitlichen der Zeitung ausrichten.
ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat sich im Wahlkampf für "moderate Studienbeiträge bei gleichzeitiger Verbesserung des Stipendienwesens" ausgesprochen. Eine aktuelle Empfehlung des Rechnungshofs, der eine Präferenz für allgemeine Studiengebühren durchblicken lässt, alarmiert die Studentenvertreter ebenfalls.
Gebühren 2008 abgeschafft
Im September 2000, ein halbes Jahr nach Bildung der ersten schwarz-blauen Regierung, hatten ÖVP und FPÖ die Einführung der allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 5.000 Schilling (363,36 Euro) pro Semester beschlossen, im Wintersemester 2001/02 wurden sie erstmals eingehoben. Die Studentenzahl sank dadurch um 19,7 Prozent, jene der Studienanfänger um rund 14 Prozent. 2008 wurden die Gebühren schließlich mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen für die Mehrheit der Studierenden wieder abgeschafft.
Ungleichheit für Berufstätige
Seit dem Sommersemester 2013 müssen nichtberufstätige Studenten aus Österreich und EU-Ländern, die die Mindeststudienzeit um zwei Semester überschreiten, 363,36 Euro pro Semester zahlen, Studenten aus Nicht-EU-Staaten 726,72 Euro.
Diese Regelung, wonach berufstätige Studierende ausgenommen sind, läuft allerdings mit 30. Juni 2018 aus (DER STANDARD berichtete). Der Verfassungsgerichtshof hat die bestehende Gebührenbefreiung für berufstätige Studierende wegen Ungleichbehandlung unselbstständig und selbstständig Beschäftigter aufgehoben – und eine Reparatur bis zu diesem Termin empfohlen. Das Wissenschaftsministerium hat den Passus bisher nicht repariert.
SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl warnt ebenfalls vor Studiengebühren ab dem Wintersemester 2018. "Geschätzt rund 25.000 bis 30.000 Studierende müssen ab nächstem Herbst Studiengebühren zahlen, wenn die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Regelung nicht rasch repariert wird", kritisierte sie bereits im November. (Katrin Burgstaller 4.12.2017)
Studiengebühren: Wer derzeit zahlt
Wer aktuell an den österreichischen Universitäten Studiengebühren zahlen muss, ist recht komplex geregelt. Grundsätzlich befreit von den 363,36 Euro sind Studierende mit österreichischer Staatsbürgerschaft, Studierende aus dem EWR-Raum und bestimmte Studierende aus Drittstaaten, deren Länder einen völkerrechtlichen Vertrag mit Österreich haben, sowie anerkannte Flüchtlinge. Allerdings zahlen sie nur während der Regelstudienzeit nichts. Soll heißen: Mindeststudienzeit plus zwei Toleranzsemester. Braucht man zu lange für das Studium und verdient im Jahr mehr als das 14-Fache der Geringfügigkeitsgrenze (derzeit 5.683,72 Euro), kann man bei seiner Uni um Gebührenerlass ansuchen. Dazu ist der Einkommensteuerbescheid vorzulegen. Diese Regelung läuft 2018 aus.
Ausgenommen sind zudem Studierende, die in einem Semester mindestens zwei Monate krank oder schwanger waren, und Studierende, die Betreuungspflichten gegenüber Kindern bis zum siebenten Geburtstag hatten. Studienbeihilfenbeziehern und Menschen, die eine mindestens 50-prozentige Behinderung nachweisen können, sind die Gebühren ebenfalls zu erlassen. Alle anderen Studierenden zahlen grundsätzlich 363,36 Euro pro Semester, Studierende aus Drittstaaten sogar das Doppelte. Insgesamt zahlen derzeit etwa 15 Prozent der Studenten Gebühren. (ook)