Junge Union bittet zum Stehempfang Auf der Suche nach Orientierung

Es ertönt ein Ruf nach Geschlossenheit, doch die Auffassungen driften auch in der Erdinger CSU auseinander

Von Antonia Steiger, Erding

Am Sonntagmorgen wusste es noch keiner, am Abend sah man schon klarer, was Horst Seehofer vorhat: Er will Parteivorsitzender bleiben, aber nicht Spitzenkandidat für die Landtagswahl sein. Beim Stehempfang der Jungen Union Erding am Morgen hatte Ulrike Scharf, die bayerische Umweltministerin und CSU-Landtagsabgeordnete, noch gesagt, sie wisse nicht, was Seehofer vorhat. Sie sicherte ihm aber schon einmal die Unterstützung der Oberbayern-CSU zu, so wie das am Tag zuvor beschlossen worden war. Das Ergebnis der für diesen Montag geplanten Abstimmung der Landtagsfraktion über die Spitzenkandidatur sei eine "Empfehlung für den Parteitag", sagte Scharf. Doch damit ist der Erdinger Ortsvorsitzende und OB Max Gotz nicht ganz einverstanden. Es sei eine "Frechheit", was sich die Fraktion erlaube. "Was bildet sie sich ein?" Die Entscheidung träfe der Parteitag. Und sonst keiner.

Der Stehempfang der Jungen Union Erding hat eine lange Tradition, der Einladung folgen CSU-Politiker aus dem gesamten Landkreis. Und an diesem Sonntag war die Resonanz besonders groß. Es gebe einen großen Redebedarf, das stellte auch Scharf in ihrem Grußwort fest. Kaum hatte einer der Redner geschlossen, setzte umgehend ein intensives Gemurmel im Festsaal der Gaststätte Erdinger Weißbräu ein. Dass es ein einheitliches Gemurmel war, kann man aber nicht sagen, auch in der Erdinger CSU gibt es unterschiedliche Auffassungen - zum Beispiel zu Horst Seehofer. Der Applaus blieb weit unter der Schwelle zur Euphorie, als Scharf sagte, es gebe keinen besseren als Seehofer für Koalitionsverhandlungen in Berlin. Da erntete Gotz schon mehr Zustimmung für die Schelte für die Fraktion ("Ja, wo samma denn eigentlich?") und für seine zum wiederholten Mal vorgetragene Kritik an Generalsekretär Andreas Scheuer, der seiner Auffassung nach die schlechten Ergebnisse bei der Bundestagswahl mitzuverantworten habe, dafür aber nicht zur Rechenschaft gezogen werde. "Es ist schwer, wenn man sich dann vor die Kamera stellt und sagt: Ich kann keinen Fehler bei mir erkennen." Die Partei erwarte Konsequenzen.

Zur Geschlossenheit riefen einige Redner auf, zum Beispiel als Gastgeberin die Junge Union-Ortsvorsitzende Stefanie Hagl. Sie erwarte, dass alle an einem Strang zögen. Die Junge Union habe sich für einen Neuanfang ausgesprochen. Und sie glaube, dass auch Seehofer das so sehe.

Dass das deutliche Votum der Jungen Union für Markus Söder als Spitzenkandidat der CSU "nicht ganz angemessen" gewesen sei, darauf wies dann aber umgehend die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf hin. Dennoch strich sie die große Bedeutung der Nachwuchsorganisation der CSU heraus. Sie mache deutlich, worauf die Entscheidungsträger Rücksicht zu nehmen hätten. Die JU habe die Zukunft im Blick und sporne die Partei an. Das klang zwar wie ein Votum für Söder, sollte es aber nicht sein, denn Scharf ließ gleich darauf die rhetorische Frage folgen, wer denn in Berlin die Verhandlungen führen solle wenn nicht Seehofer. Wer und wie viele Personen sich am Montagvormittag in der Fraktion als Spitzenkandidaten empfehlen werden, das könne aber auch sie nicht sagen, fügte Scharf an.

Der Anspruch der CSU müsse die absolute Mehrheit in Bayern sein, darauf pochte der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz. Bayern stehe bei der CSU auf allen Ebenen an erster Stelle. Doch die Wähler haben diesbezüglich den Glauben verloren, stellte er fest - erkennbar an dem Ergebnis einer Umfrage, der zufolge nur noch 17 Prozent der Meinung seien, eine allein regierende CSU sei das Beste für Bayern. Wenn die CSU dieses Alleinstellungsmerkmal verliere, "haben wir ein Problem", sagte Lenz. Auch er ließ einen Aufruf zur Geschlossenheit folgen und die Aufforderung, den Menschen wieder näher zu kommen. Die CSU brauche keinen Rechtsruck, sagte Lenz, sondern Antworten auf die Fragen derjenigen, die rechts von der CSU gewählt hätten.