Jemen: Rebellen feuern Rakete auf Atomreaktor

Smoke rises during the battle between former Yemen
Foto: REUTERS/MOHAMED AL-SAYAGHI Schwere Gefechte in Sanaa

Houthis gaben Abschuss eines Marschflugkörpers bekannt. Bisher gibt es keine Bestätigung. In Jemens Hauptstadt Sanaa tobten nach der Kehrtwende Ali Abdullah Salehs heftige Kämpfe

Der Bürgerkrieg im Jemen droht zu eskalieren: Die Houthi-Rebellen gaben bekannt, eine Rakete auf einen Atomreaktor in Abu Dhabi (VAE) abgefeuert zu haben. Die Meldung wurde über den Fernsehsender der Houthis abgesetzt, ohne Beweise vorzulegen. Es soll sich um eine Lenkwaffe handeln. Eine unabhängie Bestätigung dafür gibt es nicht.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), in denen Abu Dhabi liegt, wurden bisher keine eintreffenden Raketen gemeldet.

Es soll sich bei dem Angriffsziel um den al-Barakah-Reaktor handeln. Das von einem koreanischen Bauträger errichtete Atomkraftwerk soll 2018 ans Netz gehen.

Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, dass Houthi-Rebellen angaben, eine Rakete mit dem Ziel VAE abgefeuert zu haben.

Verbündeten verloren

Davor hatten die Houthis einen ihrer wichtigsten Mitstreiter verloren: Der mächtige Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh vollzog eine Kehrtwende und scherte am Samstag aus dem Bündnis mit den vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen aus und erklärte sich zu Gesprächen mit der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition bereit.

Die Houthis warfen Saleh daraufhin "Hochverrat" vor. In der Hauptstadt Sanaa lieferten sich die einstigen Verbündeten am Samstag heftige Kämpfe.

Verfeindet

Der 2012 gestürzte Saleh und Houthi-Chef Abdul Malik al-Houthi waren jahrzehntelang verfeindet gewesen, bis sie sich gegen den sunnitischen Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi verbündeten. Salehs Militäreinheiten und die schiitischen Houthi-Rebellen vertrieben Hadi 2014 aus der Hauptstadt Sanaa. Hadi floh nach Saudi-Arabien; seine Truppen lieferten sich fortan Kämpfe mit Saleh-treuen Einheiten und Rebellen. 2015 griff das von Saudi-Arabien angeführte Militärbündnis zur Unterstützung Hadis in den Konflikt ein. Seitdem wurden mehr als 8750 Menschen getötet.

Mit seiner Kehrtwende will Saleh nach eigenen Angaben eine Aufhebung der Blockade erreichen, mit der die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition das Land belegt hat. "Ich rufe unsere Brüder in den Nachbarländern auf, ihre Aggression zu stoppen und die Blockade aufzuheben, und wir werden das Blatt wenden", sagte Saleh in einer Fernsehansprache.

Gesprächsangebot

Die von Riad angeführte Koalition begrüßte Salehs Gesprächsangebot. Salehs Gruppierung habe sich entschieden, "die Führung zu übernehmen", hieß es in einer Meldung der staatlichen saudi-arabischen Nachrichtenagentur SPA. Saleh werde dazu beitragen, den Jemen von den Iran-treuen Milizen zu "befreien".

YEMEN-CONFLICT Foto: APA/AFP/MOHAMMED HUWAIS Salehs bisheriger Bündnispartner, die Houthi-Rebellen, reagierten erbost: Er werde Saleh und Saudi-Arabien nun "als eine Front" ansehen, erklärte Rebellenchef Abdul Malik al-Houthi. Er warf Saleh "Hochverrat" vor. Ein Houthi-Sprecher hatte Salehs Schritt zuvor bereits als "Putsch gegen unsere Allianz und Partnerschaft" verurteilt.

Das Bündnis zwischen den Anhängern Salehs und den Houthi-Rebellen hatte zuvor bereits Risse bekommen, was Ängste vor einer neuen mächtigen Front in dem Konflikt schürte. Am Samstag gab es in Sanaa den vierten Tag in Folge bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den bisherigen Verbündeten. Nach Angaben der Houthis wurden dabei mindestens 40 Kämpfer getötet. In Sicherheitskreisen in Sanaa war sogar von mehr als 60 Toten die Rede.

Geisterstadt

Laut Augenzeugen lieferten sich bewaffnete Gruppierungen Kämpfe um strategisch wichtige Orte wie den Flughafen und Ministerien. Die Straßen waren am Samstagabend menschenleer. Ein Bewohner beschrieb Sanaa als "Geisterstadt".

Im Jemen herrscht wegen des jahrelangen Konflikts und aufgrund einer Dürre eine schwere humanitäre Krise. Verschärft wird diese durch eine Blockade, die das von Saudi-Arabien angeführte Militärbündnis Anfang November nach dem Abschuss einer Rakete auf den Flughafen der saudi-arabischen Hauptstadt Riad verhängt hatte. Die Rakete war von Saudi-Arabien abgefangen und zerstört worden.

Am Samstag riefen mehrere UN-Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, die Blockade zu beenden. Sie verlangten den Zugang zu allen am Roten Meer gelegenen jemenitischen Häfen sowie freien Zugang für humanitäre und kommerzielle Güter. 14 Schiffe mit Treibstoff und Lebensmitteln an Bord warteten demnach auf eine Einfuhrerlaubnis.

Mehr als acht Millionen Menschen könnten ohne direkte Hilfe verhungern, warnten die UN-Vertreter unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Kinderhilfswerk UNICEF. Die UN-Vertreter kündigten an, ein Team nach Riad zu schicken, das dort mit der Militärkoalition sowie mit der Regierung des Landes sprechen soll.

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