Bundestagswahl SPD will sich mit der Regierungsbildung Zeit lassen

SPD-Chef Sigmar Gabriel nach einer Pressekonferenz in Stuttgart (Archivbild).

(Foto: dpa)

Mehr als zwei Stunden lang saßen die Spitzen von CDU, CSU und SPD am Donnerstagabend mit Bundespräsident Steinmeier im Schloss Bellevue zusammen. Danach verschwanden sie kommentarlos in ihren Limousinen in die Nacht. Über den Inhalt des Treffens hatten sie Stillschweigen vereinbart. Erst am Freitagvormittag wollen die Parteiengremien intern über die Chancen für eine große Koalition beraten.

Der frühere SPD-Chef und geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel ließ jedoch noch am Abend im ZDF durchblicken: Er sieht seine Partei nicht unter Zeitdruck. "Keiner darf erwarten, dass das schnell geht", sagte er mit Blick auf mögliche Sondierungen. Die Union forderte er auf, jetzt zu zeigen, "was sie denn will".

Offenbar war das nicht nur seine Meinung. Auch SPD-Vize Olaf Scholz sagte, seine Partei werde sich Zeit lassen. Deutschland habe eine geschäftsführende Regierung, so Hamburgs Erster Bürgermeister bei Maybrit Illner. "Die Frage, was zu tun ist, kann deshalb auch sehr sorgfältig hin und her gewogen werden."

Innerhalb der Partei gehen die Meinungen zu einer Neuauflage der großen Koalition weit auseinander. SPD-Parteivize Manuela Schwesig äußerte sich am Freitagmorgen skeptisch; die Jugendorganisation Jusos argumentiert vehement gegen eine Neuauflage der großen Koalition. Man sei "aus ganz prinzipiellen inhaltlichen Erwägungen" sagegen, sagte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert im ARD-"Morgenmagazin". Die Jusos veröffentlichten am Freitagmorgen eine Petition unter dem Motto #NoGroko, in der sie alle SPD-Mitglieder dazu aufrufen, gegen ein solches Regierungsbündnis zu unterschreiben.

Am Freitagmorgen sagte auch der Vorsitzende des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, dem "Deutschlandfunk" die SPD solle sich zunächst in Ruhe mit der Union zusammensetzen, "um zu schauen, was inhaltlich geht und was nicht". Am Ende entschieden ohnehin die SPD-Mitglieder. Wenn die Sozialdemokraten wichtige Positionen durchsetzen könnten, müsse man es "zumindest probieren".

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Eiliger hat man es bei der CDU. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer im Bundestag, Michael Grosse-Brömer, schrieb in einem Gastbeitrag für die Oldenburger Nordwest-Zeitung, Union und SPD sollten "jetzt möglichst rasch" Koalitionsverhandlungen aufnehmen. "Denn Politiker und Parteien werden gewählt, um zu gestalten, und nicht, um sich mit sich selbst zu beschäftigen."

Ähnlich hatte sich erst kürzlich Bundespräsident Steinmeier geäußert, dessen SPD-Parteibuch derzeit ruht. Als "Jamaika" platzte, redete er allen Parteien ins Gewissen: "Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, darf sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen hält." Mit dem Treffen wollte er nun erreichen, dass offizielle Gespräche zwischen CDU, CSU und SPD in Gang kommen.

Die Unionsspitze befürwortet eine Fortsetzung der großen Koalition, um eine stabile Regierung zu bilden. Kanzlerin Merkel will eine Minderheitsregierung und Neuwahl vermeiden, um innerparteilichen Kritikern keine Nahrung zu geben. Die SPD hatte sich nach ihren Verlusten bei der Bundestagswahl zunächst auf die Oppositionsrolle festgelegt. Mittlerweile schließt sie die Duldung einer Minderheitsregierung der Union oder eine Fortsetzung von Schwarz-Rot nicht mehr aus.