- Den Missbrauchsskandal im US-Turnen aufzudecken, dauerte viele Jahre. Die Aufarbeitung vor Gericht geht nun zügig voran.
- Nach umfassendem Geständnis des beschuldigten Arztes wird bald ein Urteil gefällt.
Den Missbrauchsskandal im US-Turnen aufzudecken, dauerte viele Jahre, nun geht die Aufarbeitung zügig voran, zumindest die strafrechtliche. Larry Nassar, der ehemalige Teamarzt des US-Turnverbandes und Campus-Doktor an der Michigan State University (MSU), hat sich gleich zu Prozessbeginn in insgesamt zehn Fällen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen schuldig bekannt.
Nassars Geständnis ist Teil einer Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft Michigan. Der Arzt akzeptiert eine Freiheitsstrafe zwischen 25 Jahren und lebenslänglich, die voraussichtlich Anfang Januar gegen ihn verhängt wird. Damit dürfte sich der Prozess mitsamt weiterer Zeugenaussagen verkürzt haben. Zugleich werden weitere Anklagen in Michigan gegen ihn fallengelassen.
Unberührt davon bleibt der Strafprozess vor dem Bundesgericht wegen Besitzes von Kinderpornografie, in dem ein gesonderter Deal geschlossen wurde. Auch in diesem Fall hat Nassar gestanden, ihn erwarten 22 Jahre Gefängnis. Beide Freiheitsstrafen würde er gleichzeitig verbüßen. Zusätzlich sind noch rund 140 zivilrechtliche Klagen von ehemaligen Turnerinnen und Sportlerinnen gegen ihn anhängig.
Den Neubeginn habe der Verband "vermasselt", sagt ein Anwalt
Larissa Boyce, eines von Nassars Opfern, sagte dem Lansing State Journal, sie sei erleichtert über diese "letzte Bestätigung, dass mein Gefühl richtig war". Zugleich sei sie verärgert darüber, dass die Taten "so lange Zeit geschehen konnten".
Ehemaliger US-Turn-Arzt bekennt sich schuldig
Larry Nassar, 54, war mehr als 30 Jahre als Sportarzt tätig. Für das Nationalteam besuchte er regelmäßig Stützpunkte im ganzen Land und reiste mit zu Großveranstaltungen weltweit. Aussagen über erste Übergriffe gibt es von Olympiaturnerin Jamie Dantzscher. Sie berichtete über sexuellen Missbrauch bei den Spielen 2000 in Sydney. Der Großteil der Zivilklagen wird von Studentinnen der MSU erhoben. Die sexuellen Übergriffe rechtfertigte Nassar als medizinisch notwendige Behandlung. Die Opfer verdrängten und schwiegen, die wenigen informierten Betreuer, Eltern und Trainer beschwichtigten.